Aktuell
EDITORIAL
02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Kamera oder Smart-
phone – was macht
echtere Fotos?
Rausgehen zum Fotografieren darf
man ja zum Glück. Und die Sonne
scheint ja auch vielerorts. Aber was
wollen wir fotografieren? Schöne oder
geschönte Fotos? Das hängt auch davon
ab, welches Aufnahmegerät wir wählen.
Die Voraussetzungen, um Bilddaten künst-
lich aufzuhübschen, sind bei Kameras und
Smartphones ziemlich unterschiedlich.
Prozessormäßig liegen Kameras deutlich
hinter den Smartphones zurück. Letztere
komprimieren 4K-/60Hz-Aufnahmen in
Echtzeit, verfügen über sechs Gigabyte
Arbeitsspeicher und immer öfter KI-Co-
Prozessoren. Das ermög-
» Smartphones
licht Effekte wie künstli-
che Unschärfe, Nacht-
bilden die Wirklich- modus, bessere Automa-
keit so ab, wie sie
tiken, Filter, Digitalzoom
und vieles mehr. Einige
laut ihrer Intelli-
dieser Software-Tricks
genz sein soll. «
sollen die Optik-Nach-
teile der smarten Phones
kaschieren, andere greifen mehr oder we-
niger „kreativ“ ins Bildgeschehen ein. Und
anders als Kameras versuchen die Smar-
ties erst gar nicht, ein Motiv so natürlich
und präzise wie möglich einzufangen.
RAW bieten nur wenige Modelle und
wenn, dann zeigen manueller Modus und
RAW-Bilder eher, wie schlecht die „nackte
Leistung“ der winzigen Objektive ist. Oder
die Daten sind möglicherweise gar nicht
so „roh“ wie versprochen und trotzdem
saftig aufgehübscht.
Smartphones machen „geschmacklich“
attraktive Bilder, keine Frage. Sie bilden
die Wirklichkeit so ab, wie sie laut ihrer
„Intelligenz“ sein soll. Nun ist die „Wirk-
lichkeit“ bei Kameras natürlich auch mehr
oder weniger stark außen vor: Wie natür-
lich ist Blitzlicht? Gibt es Schärfentiefe
in „echt“ überhaupt? Oder die klassischen
Fragen: Ist schon die Wahl eines Aufnahme-
standpunkts und -zeitpunkts, die Wahl einer
Brennweite eine Interpretation? Aber Kame-
ras geben dem Fotografen zumindest das
Gefühl, halbwegs objektives Rohmaterial
aufgenommen zu haben. Und wer Spaß an
dramatischer Verschönerung seiner Werke
hat, für den bieten Luminar, Lightroom und
Co. ja immer noch unbegrenzte Potenziale –
nach der Aufnahme und eigenbestimmt am
Laptop, PC oder Tablet.
Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!