Aktuell
EDITORIAL 02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Am Abgrund
„Pass auf!“, „Muss das jetzt sein?“: Das
sind Sätze, die wohl jeder Fotograf
schon mehr als einmal von seinem Partner
gehört hat. Neulich, an einem der
schönsten Settings für ein Wasserfallfoto
in Island, dem Kirkjufellsfoss, traf es mich
mal wieder. Wenig Absperrungen, matschiger
Untergrund – und einen halben
Meter vor meinem Stativ ging es den Wasserfall
runter. Aber was soll ich machen?
Ich musste so nah ran, um den besten Ausschnitt
zu bekommen. Um nicht noch vorne
Gräser ins Bild ragen zu lassen.
Was ich auf der Suche nach dem besten
Foto spot übersehen hatte: das Warnschild,
das darauf hinweist, dass man da eigentlich
nicht so nah
» Nun war ich also
schon mal da und
konnte in aller Ruhe
mein Foto machen. «
an die Kante gehen
sollte. Das hat
dann meine Frau
entdeckt, als ich
mich schon längst
für meine Langzeitbelichtung
am
Tag eingerichtet
hatte, mit Stativ und ND-Filter. Nun war
ich also schon mal da, konnte also mein
Foto in aller Ruhe machen ...
Als ich meiner Frau dann erzählte, dass
ich für eine Nachtaufnahme in einigen
Stunden nochmal zum Kirkjufellsfoss fahren
will, wähnte sie mich schon nach Mitternacht
abgestürzt am Fuße des Wasserfalls.
Meine Antwort fand sie dann leider
auch nicht beruhigend: „Vielleicht habe ich
es bis dahin wenigstens geschafft, dass du
noch ein letztes schönes Foto auf meiner
Speicherkarte findest!“ Wohl aber, dass ich
ihr versprach, einen Punkt mit größerem
Abstand zum Abgrund zu wählen.
Und ganz ehrlich, als ich ganz alleine dort
später durch die dunkle Nacht stapfte (einzige
Lichtquelle: Handy-Taschenlampe), da
wäre ich auch ohne Ermahnung und Versprechen
deutlich vorsichtiger gewesen.
Denn wo ich mein Risiko bei Tag noch gut
einschätzen kann (oder glaube zu können),
ist es nachts ganz allein doch eine ganz
andere Nummer. Ich habe trotzdem einen
guten Standpunkt gefunden.
Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren
– und passt auf euch auf!