Technik
M E TA -T E S T
25
CANON EOS RP
Volks-
Vollformat
von Canon
Bis vor drei Jahren war Vollformat der Stoff,
aus dem unerreichbare Träume waren: Einstiegs-
hürde damals: 2.000 Euro ohne Objektiv. Nach
Sony adressiert nun auch Canon die Einsteiger.
Von Ruben Schäfer
Ein günstiger Preis alleine
macht noch keine gute Kame-
ra, wird jetzt der eine oder an-
dere an dieser Stelle einwerfen.
Und es stimmt schon: Die EOS RP
macht Abstriche – mehr als sie
vielleicht müsste. Aber als Ein-
stieg ins Vollformat stellt sie die
Frage in den Fokus: „Was braucht
ein aufstrebender Fotograf, um
gute Bilder machen zu können
und dabei Spaß zu haben?“. Und
auf diese Frage gibt sie eine gute
Antwort. In unserem Hands-on
fühlt sie sich sportlich
an, zwar weniger er-
wachsen als die EOS R,
aber wacher.
N O 097
40/2019
Canon
EOS RP
gut
Ausstattung
Genug fürs Erste mit
dem Gefühls-Gesülze,
Quick Facts:
kommen wir mal auf die
Preis: ca. 1.400 Euro
harten Fakten zu spre-
Sensor: Vollformat CMOS
chen. Im Inneren des
mit 26,2 Mio. Pixeln
Kunststoffgehäuses liegt Video-Auflösung: UHD/25p
der 26,2-Megapixel-Chip, Display: 3,0-Zoll-Touchscreen
(1.004.800
Bildpunkte)
den viele schon aus der
ISO: 100-102.400
EOS 6D Mark II kennen.
Serienbild: bis zu 5 B/s
Seine Fokusfähigkeiten
wurden aber überarbei-
tet, er stellt jetzt bis LW -5 scharf
und bietet natürlich auch Augen-
AF. Die ISO-Empfindlichkeit en-
det nativ bei 40.000, geboostet
dann bei 102.400. Verarbeitet wer-
den die Bilder vom Digic-8-Chip,
der dafür sorgt, dass die Bilder
rauscharm entwickelt werden.
Er verarbeitet bis zu fünf Fotos
in der Sekunde.
Sonstige Features spiegelloser
Kameras sind natürlich auch da-
bei: Kommen wir zunächst kurz
noch einmal auf den Autofokus
zu sprechen: Er deckt fast das
gesamte Bild ab, bietet bis zu
4.779 wählbare AF-Positionen, ist
empfindlich bis Lichtstärke 1:11,
selbst mit AF Augenerkennung.
Der Fotograf blickt durch einen
OLED-Sucher, der uns sehr gut
gefiel. Weniger toll dagegen: Die
EOS RP kann zwar lautlos auslö-
sen, aber nur im Kreativmodus.
Das finden wir, gelinde gesagt,
nervig. Auch sonst hat Canon ei-
nige Sparmaßnahmen wie das
25p-4K-Video mit 1,6-x-Crop ein-
gebaut. Es gibt auch nur einen
Speicherkartenslot. Immerhin:
Die bekannten und vollkom-
men ausgereiften Konnektivi-
täts-Funktionen wie WLAN und
Bluetooth sind an Bord und ma-
chen die EOS RP zu einer idealen
Unterwegs-Kamera.
Die wenigen Knöp-
fe sorgen dennoch
für ein intuitives
Handling. Das Dis-
play ist zwar klein,
aber scharf.
Mit kompakten Ob-
jektiven wie dem
neuen 35er für RF-
Mount ist die RP
eine richtig gute
Street-Kamera.
Bildqualität
Am Ende geht es bei einer Kame-
ra aber nicht um die Speicherkar-
tenzahl oder WLAN, sondern um
die Bilder, die wir damit machen
können. Kurzgefasst: Die EOS R
bietet in unserem Praxistest
eine sehr überzeugende Bildqua-
lität im JPEG – es ist offenge-
standen häufig nicht notwendig,
Bilder nachzubearbeiten. Falls es
dann aber doch ins RAW geht, of-
fenbart sich eine ähnliche
Situation wie bei der EOS 6D
Mark II: Die Grund-Bearbeitung
klappt super, extreme Reglerstel-
lungen quittiert das RAW aber mit
ausgebrannten Stellen oder star-
kem Rauschen. Der Dynamik-
umfang könnte definitiv stärker
sein. Harm-Diercks Gronewold
schreibt für Digitalkamera.de, die
EOS RP sei in der gesamten Bild-
verarbeitung darauf ausgelegt,
Bilder zu produzieren, die direkt
aus der Kamera verwendet
werden können.
Das dreh- und
schwenkbare Dis-
play ist ein Segen
in der Foto-Praxis
und ein Kaufgrund
für die neue Canon
EOS RP.
Das sagen die Kollegen ...
„Mit der EOS RP zeigt Canon deutlich, dass sie nicht nur
Profi können, sondern auch ambitionierter Amateur. Mit
nahezu der Performance eines Vollformat-Profis bietet die
RP dem Fotografen ein leicht zu bedienende, umfangreich
ausgestattete und qualitativ über (fast) jeden Zweifel erha-
bene, spiegellose Systemkamera. Leider hindern kleinste
Details ein wenig den Aufstieg in höchste Sphären.“
(Harm-Diercks Gronewold)
gut
„Mit der Canon EOS RP bringt der Hersteller eine DSLM mit
Kleinbild-Sensor und UHD-Video-Funktionen. Der günstige
Anschaffungspreis klingt auf den ersten Blick enorm verlo-
ckend, in durchwegs allen Punkten müssen potenzielle Kun-
den dann aber teils deutliche Abstriche machen. Was bleibt,
ist am Ende eine Kamera, die sich im Mittelfeld unserer
Bestenliste bewegt und „nur“ über ein einziges Alleinstel-
lungsmerkmal verfügt.“ (Sascha Ludwig)
gut
„Für eine Kamera mit Vollformat-Sensor ist die Canon EOS
RP extrem kompakt. Zudem liefert sie tolle Aufnahmen und
ist einfach zu bedienen. Der Autofokus reagiert blitzschnell,
ideal für Schnappschüsse. Beim Serienbildtempo und bei
der Schärfenachführung schwächelt die kleine Canon et-
was – Sportfotografen fahren mit einer Profi-Spiegelreflex
besser. Schade: 4K-Videos nimmt die EOS RP nur als Aus-
schnitt auf.“ (Sven Schulz)
Das PhotoWeekly-Urteil
Das hat uns gefallen: Canon wagt mit der EOS
RP ein spannendes Konzept: Was passiert, wenn
man eine sehr günstige Vollformat-Kamera für
Fotografen baut? Die Antwort: Wir bekommen
eine spiegellose Kamera mit höchstem Spaßpo-
tenzial, sportlicher Performance und grundsoli-
der Bildqualität.
Hier besteht Nachbesserungsbedarf: Die EOS
RP macht es uns nicht leicht: Wir mögen sie. Und
wir liebten sie sogar, hätte Canon ihr mehr Dyna-
mik, einen zweiten Kartenslot und ordentliches
4K spendiert und auf Sperenzchen wie den ver-
steckten lautlosen Verschluss verzichtet. Gerade
dafür wünschen wir uns ein Update der RP.
Canon
EOS RP
N 097
O
40/2019
gut