Aktuell
EDITORIAL
02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Weg mit der Realität, her
mit emotionalen Sensoren
Wir wissen: Was vor der Kamera im Mo-
ment der Aufnahme „wirklich“ passiert,
wird, vereinfacht gesagt, optisch-elektro-
nisch auf dem Bildsensor abgebildet. Zwar
nur zweidimensional, aber egal. Für das
Aufgenommene spielt es keine Rolle, was
der Fotograf gerade empfindet, welchen
Schwerpunkt er im Gesehenen setzt: Der
Sensor bildet alles, was sich im Einzugs-
bereich des Objektivs abspielt, grundsätz-
lich gleich gewichtet ab. Eine Interpreta-
tion und Veränderung dieser abgebilde-
ten Wirklichkeit erfolgt erst später durch
Bildbearbeitung oder, wie schon bei vielen
Smartphones üblich, durch automatisch
bildverbessernde
» Der Sensor
Algorithmen.
bildet alles gleich
gewichtet ab. «
Was aber, wenn der
Bildsensor schon im
Moment der Aufnahme
„fühlen“ und „wissen“ würde, was der Foto-
graf eigentlich will? Wenn er Einzelheiten
im Bild verstärken oder verschwinden
lassen könnte? Wenn er visuelle Gewich-
tungen vornehmen könnte in dem un-
beschränkten Sinne, wie es die Malerei
kann? Dann wäre der Sensor nicht mehr
die Projektionsfläche der physikalischen
Wirklichkeit, sondern vielmehr die Lein-
wand der emotionalen Wirklichkeit des
Fotografen. Der Link zwischen „Mensch
und Maschine“ könnte auf zwei Wegen
passieren: Die Kamera schaut dem Foto-
grafen bei dessen Blick durch den Sucher
rückwärts ins Auge und kann in der
Pupille seine emotionale Befindlichkeit
visuell analysieren. Oder ein Sensor im
Körper des Fotografierenden liefert die
nötigen Daten an die Kamera.
Bis es soweit ist – und es wird so weit
kommen – nutzt du am besten das früh-
lingshafte Wetter, um einzigartige Bilder
zu machen, wie nur du sie machen kannst.
Emotional und wirklich.
Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!