Aktuell
EDITORIAL
02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Soll ich das wirklich
fotografieren?
Neulich schickte uns der Kehrer Verlag
ein neu erschienenes Buch mit dem
kryptischen Titel „The Technological
Hand“ zu. Darin geht es, vereinfacht ge-
sagt, um den Trend in der Fotokunst, nicht
mehr die reale Natur abzubilden, sondern
mit bereits vorhandenen Bildern (Prints,
Dateien und so weiter) neue Werke zu er-
schaffen. Besonders interessant fanden
wir den Aspekt, dass
„Es geht um den
sich bei diesen fotografi-
schen Kunstobjekten die
Trend in der Foto- Form beziehungsweise
kunst, mit bereits das Werk aus bereits
vorhandenem Bildma-
vorhandenen Bil- terial ableitet, während
dern neue Werke im Gegensatz dazu der
Maler ja sein Werk kom-
zu erschaffen.“
plett frei erfindet. Und
dazwischen steht der
„normale“ Fotograf, der mit seiner Kamera
aus einer gegebenen Wirklichkeit einen
formalen wie zeitlichen Ausschnitt fest-
legt und durch den Druck auf den Auslöser
entscheidet, diesen auch festzuhalten.
Wenn das Ergebnis (im selben Moment
oder später) überzeugt, bleibt das Bild.
Wenn nicht, wird es entsprechend bearbei-
tet oder gelöscht. Die Quintessenz ist aber
folgende Frage, die sich jeder stellen sollte,
der eines seiner Bilder löscht: Warum habe
ich dieses Foto überhaupt aufgenommen?
Das wiederum führt zur nächsten Frage
vor der nächsten Aufnahme: Will ich die-
ses Foto tatsächlich aufnehmen? Ist es gut
genug? Oder lieber erst mal auslösen und
später entscheiden? Das muss letztlich je-
der mit sich selbst ausmachen. Aus reich-
lich eigener Erfahrung wissen wir aber: Die
ganzen „Lieber-jetzt-erst-mal-aufnehmen-
und-später-sehen-wir-mal“-Fotos landen
zu 99% im Mülleimer.
In diesem Sinne, Augen auf beim Sucher-
Durchblick statt Augen zu und durch.