Interview
S T E FA N S C H Ä F E R
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„Fotografie kann
auch Quälerei sein!“
Stefan Schäfer ist Landschafts- und Städte-
Fotograf. Mit PhotoWeekly sprach er über neue
Herausforderungen, aufwendige Bearbeitung
und Nachteile der Landschaftsfotografie.
Interview: Ruben Schäfer
Stefan, das Jahr 2018 ist ja
nun vorbei – nimm uns mal
mit: Was war letztes Jahr ein
großes Foto-Highlight?
Ich bin 2018 für einen großartigen
Job in Kasachstan gebucht wor-
den – sehr überraschend und ei-
gentlich auch eher durch Zufall.
Wir sollten von der Hauptstadt
Astana Bilder machen, für eine
große Fotoausstellung. Nur sechs
oder sieben Fotografen aus der
ganzen Welt hatten die Ehre, zum
Team zu gehören. Jeder sollte
das Thema mit seinem Stil inter-
pretieren. Ich kannte Kasachstan
gar nicht, daher war das für mich
wirklich Neuland, eine richtig tol-
le Herausforderung.
Zur Person:
Stefan Schäfer
(28) kommt aus
der Region Berlin
und begann 2012,
sich für die Foto-
grafie zu begeis-
tern. Heute steht
er für zahlreiche
Foto-Unternehmen
wie Skylum, Nisi
oder Wacom auf
der Bühne und gibt
sein Know-how an
Foto-Enthusiasten
weiter.
www.schaefer
photography.de
Für alle, die dich noch nicht
näher kennen: Wie war dein Weg zum Profi?
Was fotografierst du?
Ich war bis 2012 Grafikdesigner, habe zu dem Zeit-
punkt dann aber das erste Mal eine Kamera in die
Hand genommen und gemerkt, dass mir das eigent-
lich noch viel mehr Spaß macht. In die Fotografie
habe ich mich dann richtig reingearbeitet, insbe-
sondere mit YouTube-Videos gelernt und alles am
nächsten Tag ausprobiert. Meine Leidenschaft ist
dann die Städte- und Landschaftsfotografie gewor-
den. Ich habe aber auch viel im Bereich Hochzeits-
fotografie und Unternehmensfotografie gearbeitet.
„Hallstatt ist im-
mer eine Reise
wert. Als ich dort
ankam, konnte man
vor Nebel die Ber-
ge im Hintergrund
nicht sehen. Mit
viel Geduld wurde
es am Ende aber
doch noch was.“
21 mm (KB) | f/8 |
4 s | ISO 64
Stefan Schäfer
arbeitet mit raf-
finierter Bearbei-
tungstechnik.
18 mm (KB) | f/11 |
6 s | ISO 64
Machst du das immer noch?
Im Sommer hin und wieder, ja. Ich arbeite tatsächlich
gerade an einem großen Projekt. Mein Fokus liegt
aber aktuell definitiv auf dem Bereich Landscape
und Citys. Da sind es aber weniger die Auftragsar-
beiten, sondern eher Workshops und Trainings, die
ich erfolgreich anbiete. In diesem Bereich ist mein
Eindruck: Die meisten Menschen wollen gar keine
Bilder mehr kaufen, sondern jeder will sie selbst
machen können.
Deine Bilder lassen ja einen gewissen Aufwand
erahnen. Wie sieht dein Workflow aus?
Ich starte meistens mit Google Earth, nur um zu
schauen, welche Motive sich anbieten. Wenn ich
irgendwo ganz neu bin, schaue ich auch mal, was
Kollegen schon mitgebracht haben. Ich will aber
schon andere Bilder mitbringen. Die Recherche
geht dann weiter mit
Apps für Sonnenstände
„Heute will
und dergleichen. Wenn
jeder
alles
selber
ich dann vor Ort bin, ist
mein Ansatz, lange an
fotografieren
einem Ort zu bleiben
können!“
und hinterher auszu-
werten, wann das Licht
perfekt gepasst hat. In der Nachbearbeitung treibe
ich das auf die Spitze, da arbeite ich manchmal
auch mit Timeblendings.
Was bedeutet das?
Timeblendings sind Fotos von einem Motiv zu ver-
schiedenen Uhrzeiten, die kombiniert werden. Beim
Sonnenuntergang sind etwa die Lichter der Stadt
noch nicht an. Wenn ich aber einen Sonnenunter-
gang mit den Lichtern haben möchte, muss ich die
Bilder kombinieren. Das ist natürlich nicht 100 Pro-
zent real, ich möchte aber eher die Stimmung und
Gefühle des Moments zeigen.
„Dubai von oben ist
mit das Beste,
was ich bisher an
moderner Archi-
tektur gesehen
habe.“
19 mm (KB) | f/8 |
1/6 s | ISO 64
Eine Spiegelung
kann die Komposi-
tion eines Bildes
sehr schön auflo-
ckern.
35 mm (KB) | f/8 |
1/4 s | ISO 64
Welches Equipment verwendest du?
Im Bereich Kameras war und bin ich immer mit Nikon
unterwegs. Aktuell setze ich auf die Nikon D850, weil
sie mit ihrem Dynamikumfang und der hohen Mega-
pixel-Zahl den Job perfekt erfüllt. Bei den Objektiven
bin ich natürlich eher im Weitwinkelbereich unter-
wegs, Nummer-eins-Linse ist das 14-24 mm f/2.8
von Nikon. Vor zwei Jahren habe ich auch noch ein
Tilt-Shift-Objektiv gekauft, das lohnt sich für City-
scapes. Und ich arbeite viel mit Filtern, da vertraue
ich voll und ganz auf Nisi, die haben für den Weit-
winkel-Bereich ideale Lösungen gefunden.
Du bietest auch Workshops und Fotoreisen an:
Was lernen aufstrebende Fotografen bei dir?
Meine Workshops sind eher fortgeschritten – ISO,
Blende und Verschlusszeit sollte man beherrschen.
Dafür gibt es ja meinen YouTube-Kanal, auf dem ich
die Basics erkläre. Ich veranstalte gerne Foto-Reisen,
aktuell zum Beispiel nach Südfrankreich zu den
Lavendel-Feldern, nach Dubai oder ins alte Rom.
Auf diesen Reisen fotografieren wir sehr viel und pro-
bieren gemeinsam, wie ein Fotograf zum perfekten
Landschaftsbild kommt. Abwechslung, Neues lernen
und faszinierende Bilder stehen also im Fokus.
Kannst du einen Tipp geben, den Landschafts-
fotografen beherzigen sollten?
Auf jeden Fall: Immer zur richtigen Zeit fotografie-
ren. Das Licht ist in der Fotografie der Schlüssel zu
allem, gerade in der Landschaft, wenn die Leute an
dem Bild hängen bleiben sollen. Dafür braucht es
Planung und es kann auch Quälerei sein, früh auf-
zustehen, um einen Sonnenaufgang zu fotografie-
ren. Aber das Ergebnis ist es wert, vertraut mir.
Worauf fokussierst du dich 2019?
Ich werde weiterhin viel auf YouTube veröffentli-
chen und gleichzeitig mehr Fotoreisen zu tollen
Orten anbieten. Ich werde auch noch den einen
oder anderen Video-Kurs herausbringen. Unter
anderem plane ich einen „Einsteiger-Kurs“ für
Foto-Neulinge. Ich möchte anderen Leuten etwas
beibringen, das macht mir am meisten Spaß.
Stefan Schäfer zeigt seinen Bearbeitungsworkflow auch bei You-
Tube. Nachmachen ausdrücklich erlaubt!
Stefan Schäfer