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T E C H N I K | T R E N D S | K U LT U R
09
FOTOMESSE CP+ IN JAPAN
Im Osten ein
bisschen was
Neues
Die CP+ ist die wichtigste Fotomesse Japans.
Nun könnte man meinen, da müsste ein wahres
Neuheitenfeuerwerk gezündet werden. Ist aber
nicht so. Gelohnt hat sich unser Besuch dennoch.
Text & Fotos: Florian Schuster
Zum zehnten Mal veranstal-
tet die CIPA, der Verband der
japanischen Kameraindustrie,
seine eigene kleine Messe in Yo-
kohama in der Nähe von Tokio.
Und klein meinen wir genau so:
kein Vergleich zu einer photo-
kina. Die CP+ ist im Prinzip eine
Messehalle und das war’s. Klar,
alle Großen sind dabei und in 10
Minuten hat man die Stände von
Sony, Nikon, Canon und Fujifilm
(in der Reihenfolge) abgeschrit-
ten. Und es ist voll, das Interes-
se am Thema Foto also ungebro-
chen groß – von der Dichte auf
den Gängen vergleichbar mit ei-
ner photokina, was aber fehlt ist
das Lebensgefühl Foto. Es ist kein
Raum der Begegnung, sondern
einer, wo man hinkommt um ein
Stück Technik anzufassen und
vielleicht noch einem kurzen Fo-
tografen-Vortrag zu lauschen.
70.000 Besucher kommen an vier
Tagen und frönen einem klassi-
schen Messebesuch. Das wirkt
ein wenig aus der Zeit gefallen
und ist weit entfernt von einem
Messekonzept der Zukunft. Aber
dennoch kann man klare Trends
erkennen, wenn man mit offenen
Augen durch die Halle läuft:
Die CP+ ist die
wichtigste Foto-
messe Japans, dem
Kernland der Foto-
Imaging-Branche.
www.cpplus.jp
Trend 1: Starker Start für L-Mount
Eines der großen Highlights der photokina war die
Ankündigung der L-Mount Alliance und der ersten
Produkte unter dem neuen gemeinsamen Schirm
von Panasonic, Sigma und Leica. Ein halbes Jahr
später gibt es nicht nur die ersten Kameras – son-
dern es dauert nicht mehr lange, und die Kunden
haben die Auswahl aus sage und schreibe 36 Objek-
tiven. Darunter 11 neue, die Sigma jetzt frisch zur
CP+ fürs L-Mount angekündigt hat. Dazu kommt
noch ein Adapter, mit dem 29 Sigma-DSLR-Objek-
tive (SA- und EF-Mount) an den L-Mount passen.
So eine Auswahl für ein so junges System kann
sich sehen lassen!
Trend 2: Mit Software gewinnen
Vieles, was eine Kamera besonders macht oder
wirklich nützliche Features haben wenig mit der
Hardware zu tun. Erst mit der richtigen Software
wird eine moderne Kamera zu dem, was sie ist. Im-
mer mehr Firmen gehen dazu über, über Firmware-
Updates neue Funktionen auszurollen. Meist sind
es minimale Verbesserungen, zum Beispiel auch
um die Kompatibilität mit Objektiven sicherzustel-
len. Es kann aber auch etwas ganz Großes sein, wie
das von Nikon angekündigte Z-Firmware-Update,
das im Mai kommen soll – hierfür hat man auf
die Kunden gehört und die haben einen Eye-Tra-
cking-Autofokus gewollt. Erstmals auszuprobieren
übrigens auf der CP+.
Trend 3: Offenblende ohne Ende
Ob das neue Tamron 35 mm f/1,4, das Sony 135 mm
f/1,8, Samyang 85 mm f/1,8 oder das Nikon Noct
f/0,95 – das aktuelle Motto lautet wohl: je mehr
Lichtstärke, desto besser. Faszinierende neue foto-
grafische Möglichkeiten und ein Bokeh zum Nieder-
knien versprechen die Hersteller. Und haben damit
durchaus recht. Die ersten Testbilder vom neuen
Tamron machen einen großartigen Eindruck, die
neue Porträt-Linse von Sony ebenso. Und wer die
Anwendungsbeispiele vom Nikon Noct sieht, von
Party bis Sternenhimmel, der möchte es am liebs-
ten gleich selbst ausprobieren. Die Kunden indes
definieren sich offenbar gerne über diese neu in
den Fokus gerückte Zahl. Man könnte auch sagen:
Nachdem Vollformat immer bezahlbarer wird, muss
man ja ein neues Unterscheidungsmerkmal finden …
Zum Schluss noch drei Kuriositäten der CP+:
1. Der „Ribbon Cut“: Wie traditionell (um es mal po-
sitiv zu formulieren) die Japaner das Thema Messe
angehen, zeigt sich schon, bevor es losgeht. Zur Er-
öffnung der Messe wird feierlich ein Band zerschnit-
ten – von den Veranstaltern, der Bürgermeisterin
von Yokohama und einigen wichtigen Partnern,
darunter Christian Müller-Rieker vom deutschen
Photoindustrieverband PIV. Da stehen sie also mit
Schleifen geschmückt und goldenen Scheren …
2. Vollmundige Werbeaussage: Vieles in Japan ist
„Lost in Translation“, klar. Wenn aber eine kleine is-
raelische Firma behauptet, sie führe die mobile
Revolution in der Fotografie an, dann stutzt man
doch sehr. Wie auch immer: Pictar ist ein Kamera-
handgriff, mit dem sich das Smartphone wie eine
Kompaktkamera bedienen lässt. Fühlt sich gut an,
funktioniert auch ganz witzig und probieren wir
demnächst mal aus. Eine Revolution ausgelöst oder
angeführt hat das Ding aber sicher nicht.
3. Japanische Messehostessen-Kultur: Ähnlich aus
der Zeit gefallen wie der stocksteife „Ribbon-Cut“
ist der Einsatz leicht bekleideter Messehostessen,
mit kurzen Röcken, Lackstiefeln und bauchfrei –
für jeden Geschmack ist etwas dabei.