PhotoWeekly 09/2018 | Page 23

Interview PAT R I C K L U D O L P H  23 „Ich kann wirklich hartnäckig sein.“ Patrick Ludolph Patrick Ludolph betreibt einen der größten Foto- blogs in Deutschland. PhotoWeekly sprach mit ihm über „Neunzehn72“, Fotografie als Beruf und sein Projekt „Seafarers“. Interview: Ruben Schäfer Moin Moin Paddy. Gib uns mal einen kurzen Überblick: Was hast du 2017 gemacht? Letztes Jahr war sehr besonders für mich, weil ich da mein See- fahrer-Projekt umgesetzt habe. Ich war über Wochen auf Con- tainerschiffen unterwegs und habe die Besatzung begleitet. Dar- aus ist ein richtig dicker Bildband entstanden, „Seafarers“. Das hat das Jahr hauptsächlich geprägt. Zur Person: Patrick Ludolph fotografiert seit 1995 und mach- te sich 2010 mit der Fotografie selbstständig. Kernkompetenz: Peoplefotografie im Schwerpunkt Hochzeiten, Reportage und Schauspieler. Wenn man sich den Trailer an- schaut merkt man schon – das ist wirklich kein „Nebenbei-Pro- jekt“. Wie ist es dazu gekommen? neunzehn72.de Wenn man in Hamburg wohnt kommt man mit dem Thema ja fast zwangsläufig in Berührung. Für mich war es immer ein Wunsch, da mitzufahren. Tatsächlich war es am Ende aber eher Zufall: Ich habe einen Ka- pitän kennengelernt und konnte mal einen kleinen Trip mitfahren. Danach war ich dann angefixt, ich wollte etwas Größeres daraus machen und bin dann Hapag Lloyd, der Reederei, so lange auf den Geist gegangen, bis die zugestimmt haben. Ich kann da sehr hartnäckig sein. Trailer zum Bild- band „Seafarers“. Über einen Monat auf See: Patrick Ludolph hat daraus einen tollen Bild- band gemacht. Sechs Wochen warst du auf drei Schiffen unterwegs. Erzähl mal, wie das abläuft. Mein Fokus beim Fotografieren lag auf den See- fahrern, den 25 Menschen, die Waren im Wert von Milliarden Dollar transportieren. Der ursprüngliche Traum war es, ein Mal um die Welt zu fahren, das geht mit einem Schiff aber nicht – die pendeln im- mer hin und her, wie Busse. An Bord stand ich eher im Weg rum, andererseits fand die Crew das auch stellenweise cool, stellenweise merkwürdig, dass da ein Fotograf war. Aber ich hatte immer Zeit ge- nug an Bord, um die Jungs kennenzulernen, sodass die mit der Zeit auch aufgetaut sind und Spaß daran hatten, Teil des Projektes zu sein. Mit einigen habe ich bis heute regen Kontakt. Hast du generell Tipps, wie du mit deinen „Modellen“ zusammenarbeitest? Wenn man Menschen fotografiert, sollte man auch mit denen reden können, auf die eingehen und ein Gespür für ihre Vorlieben entwickeln. Es hat also viel mit Kommunikation zu tun, nur so machen die Leute das mit und sind echt. Dafür braucht man natürlich auch Zeit. Generell: Wer seinen Mund nicht auf- bekommt, sollte lieber Landschaften fotografieren. Für Patrick Ludolph ist Kommunikation der Schlüssel zu beeindruckenden Bildern. Blog, YouTube, Facebook – du lebst ja quasi online, da ist viel zu tun. Wie hat das unterwegs geklappt? Da war dann eben mal Sendepause, geht nicht an- ders. Ich bin aber heute auch ganz davon weg, im- mer etwas posten zu müssen. Das ist eine extrem schlechte Angewohnheit, die ich Gott sei dank nicht mehr habe. Wenn man so zwanzig Meilen von der Küste weg ist, gibt es halt auch kein Netz mehr. Dann bist du auch mal mehrere Tage offline. Und wenn du hier bist, wie läuft der Blog dann? Ich handhabe das eigentlich ganz locker, den Druck möchte und habe ich nicht mehr. Wenn mich ein Thema interessiert dann schreibe ich etwas dazu, meistens dann, wenn mir etwas Konkretes passiert. Das können von technischen Dingen, wenn ich mal ein neues Spielzeug gekauft habe, bis hin zu Reisen viele Themen sein. Und auch wenn der Blog inzwi- schen viele Leser hat: Ich kaufe nach wie vor mein Equipment selbst, da lege ich auch großen Wert drauf. Meine Leser sollen mir immer näherstehen als ein Hersteller. „Fotografie ist ein tolles Hobby, aber ein harter Job.“ Seit 8 Jahren bis du als Fotograf selbstständig. Wie lief der Übergang? Ich habe schon zwei Jahre begleitend zum Beruf mit der Fotografie Geld verdient, ursprünglich um mein Equipment zu refinanzieren. Das hat dann aber richtig gut geklappt, also war der Sprung in die Selbstständigkeit eher leicht – zu dem Zeitpunkt hatte ich eine 7-Tage Woche, also 5 Tage normal arbeiten und am Woche nende dann Workshops ge- ben. Da habe ich dann gesagt: Ich probiere das jetzt! Du bist Quereinsteiger und hast keine Ausbildung, vielen anderen erfolgreichen Fotografen geht es ähnlich: Was zeichnet einen erfolgreichen Fotografen denn dann aus? Da generelle Regeln zu finden ist, glaube ich, nicht möglich. Mit einem schönen Foto alleine wirst du es auf jeden Fall nicht. Es geht viel um Persönlich- keit, ich persönlich bin da sehr in Vorleistung ge- gangen und habe Videos, Blogbeiträge und vieles mehr produziert, die ja alle gratis waren. So haben mich Menschen kennengelernt und später auch ge- bucht. Ich würde aber jedem, der keine Communi- ty hat, davon abraten, Fotograf zu werden. Das ist heute ein sehr hartes Geschäft, die normalen Kun- den honorieren die Arbeit kaum noch. Mein Univer- sum funktioniert heute in der Kombination, Foto- graf, Workshops, Produkte und vieles mehr. Das so aufzubauen kann nicht jeder. Im Internet wird das oft anders dargestellt. Ich würde das immer kritisch hinterfragen. Fotografie ist ein tolles Hobby, aber ein harter Job. „Seafarers“ war eines seiner großen Projekte in 2017 Hochzeiten fotografiert Patrick Ludolph zunehmend weniger – aber immer mit Leidenschaft Neben einer Leidenschaft für Schwarzweiß ... ... steht Patrick Ludolph auch für besondere Bildideen, die in Erinnerung bleiben.