Interview
PAT R I C K L U D O L P H
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„Ich kann
wirklich
hartnäckig
sein.“
Patrick Ludolph
Patrick Ludolph betreibt einen der größten Foto-
blogs in Deutschland. PhotoWeekly sprach mit
ihm über „Neunzehn72“, Fotografie als Beruf
und sein Projekt „Seafarers“.
Interview: Ruben Schäfer
Moin Moin Paddy. Gib uns
mal einen kurzen Überblick:
Was hast du 2017 gemacht?
Letztes Jahr war sehr besonders
für mich, weil ich da mein See-
fahrer-Projekt umgesetzt habe.
Ich war über Wochen auf Con-
tainerschiffen unterwegs und
habe die Besatzung begleitet. Dar-
aus ist ein richtig dicker Bildband
entstanden, „Seafarers“. Das hat
das Jahr hauptsächlich geprägt.
Zur Person:
Patrick Ludolph
fotografiert seit
1995 und mach-
te sich 2010 mit
der Fotografie
selbstständig.
Kernkompetenz:
Peoplefotografie
im Schwerpunkt
Hochzeiten,
Reportage und
Schauspieler.
Wenn man sich den Trailer an-
schaut merkt man schon – das
ist wirklich kein „Nebenbei-Pro-
jekt“. Wie ist es dazu gekommen?
neunzehn72.de
Wenn man in Hamburg wohnt
kommt man mit dem Thema ja
fast zwangsläufig in Berührung. Für mich war es
immer ein Wunsch, da mitzufahren. Tatsächlich
war es am Ende aber eher Zufall: Ich habe einen Ka-
pitän kennengelernt und konnte mal einen kleinen
Trip mitfahren. Danach war ich dann angefixt, ich
wollte etwas Größeres daraus machen und bin dann
Hapag Lloyd, der Reederei, so lange auf den Geist
gegangen, bis die zugestimmt haben. Ich kann da
sehr hartnäckig sein.
Trailer zum Bild-
band „Seafarers“.
Über einen Monat
auf See: Patrick
Ludolph hat daraus
einen tollen Bild-
band gemacht.
Sechs Wochen warst du auf drei Schiffen
unterwegs. Erzähl mal, wie das abläuft.
Mein Fokus beim Fotografieren lag auf den See-
fahrern, den 25 Menschen, die Waren im Wert von
Milliarden Dollar transportieren. Der ursprüngliche
Traum war es, ein Mal um die Welt zu fahren, das
geht mit einem Schiff aber nicht – die pendeln im-
mer hin und her, wie Busse. An Bord stand ich eher
im Weg rum, andererseits fand die Crew das auch
stellenweise cool, stellenweise merkwürdig, dass
da ein Fotograf war. Aber ich hatte immer Zeit ge-
nug an Bord, um die Jungs kennenzulernen, sodass
die mit der Zeit auch aufgetaut sind und Spaß daran
hatten, Teil des Projektes zu sein. Mit einigen habe
ich bis heute regen Kontakt.
Hast du generell Tipps, wie du mit deinen
„Modellen“ zusammenarbeitest?
Wenn man Menschen fotografiert, sollte man auch
mit denen reden können, auf die eingehen und ein
Gespür für ihre Vorlieben entwickeln. Es hat also viel
mit Kommunikation zu tun, nur so machen die Leute
das mit und sind echt. Dafür braucht man natürlich
auch Zeit. Generell: Wer seinen Mund nicht auf-
bekommt, sollte lieber Landschaften fotografieren.
Für Patrick Ludolph ist Kommunikation der Schlüssel
zu beeindruckenden Bildern.
Blog, YouTube, Facebook – du lebst ja quasi online,
da ist viel zu tun. Wie hat das unterwegs geklappt?
Da war dann eben mal Sendepause, geht nicht an-
ders. Ich bin aber heute auch ganz davon weg, im-
mer etwas posten zu müssen. Das ist eine extrem
schlechte Angewohnheit, die ich Gott sei dank
nicht mehr habe. Wenn man so zwanzig Meilen von
der Küste weg ist, gibt es halt auch kein Netz mehr.
Dann bist du auch mal mehrere Tage offline.
Und wenn du hier bist, wie läuft der Blog dann?
Ich handhabe das eigentlich ganz locker, den Druck
möchte und habe ich nicht mehr. Wenn mich ein
Thema interessiert dann schreibe ich etwas dazu,
meistens dann, wenn mir etwas Konkretes passiert.
Das können von technischen Dingen, wenn ich mal
ein neues Spielzeug gekauft habe, bis hin zu Reisen
viele Themen sein. Und auch wenn der Blog inzwi-
schen viele Leser hat: Ich kaufe nach wie vor mein
Equipment selbst, da lege ich auch großen Wert
drauf. Meine Leser sollen mir immer näherstehen
als ein Hersteller.
„Fotografie ist ein
tolles Hobby, aber
ein harter Job.“
Seit 8 Jahren bis du als
Fotograf selbstständig.
Wie lief der Übergang?
Ich habe schon zwei
Jahre begleitend zum
Beruf mit der Fotografie Geld verdient, ursprünglich
um mein Equipment zu refinanzieren. Das hat dann
aber richtig gut geklappt, also war der Sprung in die
Selbstständigkeit eher leicht – zu dem Zeitpunkt
hatte ich eine 7-Tage Woche, also 5 Tage normal
arbeiten und am Woche nende dann Workshops ge-
ben. Da habe ich dann gesagt: Ich probiere das jetzt!
Du bist Quereinsteiger und hast keine Ausbildung,
vielen anderen erfolgreichen Fotografen geht es
ähnlich: Was zeichnet einen erfolgreichen
Fotografen denn dann aus?
Da generelle Regeln zu finden ist, glaube ich, nicht
möglich. Mit einem schönen Foto alleine wirst du
es auf jeden Fall nicht. Es geht viel um Persönlich-
keit, ich persönlich bin da sehr in Vorleistung ge-
gangen und habe Videos, Blogbeiträge und vieles
mehr produziert, die ja alle gratis waren. So haben
mich Menschen kennengelernt und später auch ge-
bucht. Ich würde aber jedem, der keine Communi-
ty hat, davon abraten, Fotograf zu werden. Das ist
heute ein sehr hartes Geschäft, die normalen Kun-
den honorieren die Arbeit kaum noch. Mein Univer-
sum funktioniert heute in der Kombination, Foto-
graf, Workshops, Produkte und vieles mehr. Das so
aufzubauen kann nicht jeder. Im Internet wird das
oft anders dargestellt. Ich würde das immer kritisch
hinterfragen. Fotografie ist ein tolles Hobby, aber ein
harter Job.
„Seafarers“ war eines seiner großen Projekte in 2017
Hochzeiten fotografiert Patrick Ludolph zunehmend weniger –
aber immer mit Leidenschaft
Neben einer Leidenschaft für Schwarzweiß ...
... steht Patrick Ludolph auch für besondere Bildideen,
die in Erinnerung bleiben.