INTERVIEW MATTHIAS HANGST presented by „ Gewicht und
Geschwindigkeit gehen über alles .“
Matthias Hangst
Der Sportfotograf Matthias Hangst über die Herausforderungen seines Jobs , die Motivwelten , die die Nikon Z 9 zusammen mit dem neuen NIKKOR Z 400 mm 1:2,8 TC VR S erschließt und
Alle Fotos : Matthias Hangst die Frage , wie man ikonische Bilder schafft .
Interview : Peter Schuffelen , Fotos : Matthias Hangst
Matthias , vorab kurz zu deinem Werdegang : Du hast ein Volontariat bei einer Sportfoto- Agentur gemacht , dann zehn Jahre als freier Sportfotograf gearbeitet und bist seit 2014 fest angestellt bei der Bildagentur Getty Images – inzwischen als Director of Photography . Kommst du in dieser Position überhaupt noch zum Fotografieren ? Immer weniger – nur bei großen Events wie der Champions League
ZUR PERSON :
Matthias Hangst (* 1978 ) ist ein preisgekrönter Sportfotograf und seit 2014 Director of Photography bei Getty Images . Matthias ist selbst Leistungssportler . matthiashangst . com und da dann vielleicht ein , zwei Tage die Woche . Als Director of Photography bin ich gemeinsam mit einem Kollegen in UK europaweit für den Bereich Editorial-Sport zuständig . Wir führen ein Team von rund 35 festangestellten Fotograf : innen , bereiten größere Events mit vor und halten auch Kontakt zu Kunden wie etwa der DFL , UEFA oder FIFA . Außerdem definieren wir unser konzeptionelles Profil , sprich die bildsprachlichen und technischen Richtlinien .
Apropos Technik : Die Sportfotografie gilt ja als eine der letzten Bastionen klassischer DSLRs . Du und dein Team , ihr fotografiert aber inzwischen spiegellos – du selbst mit der Nikon Z 9 . Warum ? Wir sind nach wie vor in beiden Welten unterwegs . Die Nikon D6 ist ein unglaubliches Arbeitstier , mit dem ich wohl bis zum Ende meines Arbeitslebens fotografiert hätte , wenn die spiegellose Kameratechnik nicht entwickelt worden wäre . Mit Aufkommen dieser neuen Technologie war mir klar : Da liegt die Zukunft . In der Sportfotografie dreht sich nun mal alles um Action und damit um die Autofokusleistung und die Frames per Second . Spiegellose Systeme sind da definitiv der nächste Schritt .
Ein mechanischer Spiegel klappt nun mal hoch und runter , da ist bei der Weiterentwicklung von Autofokus und Serienbildgeschwindigkeit irgendwann eine physikalische Grenze erreicht . Mit der Nikon Z 9 erreiche ich 20 Bilder / Sekunde – mehr als mit jeder DSLR . Auch in puncto Scharfstellen hat sie aufgrund der kontinuierlichen Messmöglichkeiten die Nase vorn . Das 3D-Tracking funktioniert hervorragend . Unterm Strich kann man mit der Z 9 Bilder einfangen , die mit keiner DSLR bislang möglich waren . Vorausgesetzt , man weiß die Kamera einzusetzen .
Was meinst du damit ? Mit der Z 9 zu fotografieren , ist wie einen Rennwagen zu fahren : Man muss die Kamera sehr gut kennen und auf die eigenen Bedürfnisse und Herausforderungen in unterschiedlichen Aufnahmesituationen abstimmen . Und man muss regelrecht mit ihr trainieren , ähnlich wie ein Spitzensportler . In dem Bereich , in dem wir unterwegs sind , geht ’ s darum , alles aus den Geräten herauszuholen , also buchstäblich um die letzten paar Prozent , und das nicht nur in Sachen Bildqualität , sondern auch mit Blick auf das , was wir „ Speed to market “ nennen . Darum , die Bilder schnell zu editieren , mit den relevanten Bildinformationen zu versehen und möglichst rasch an den Kunden zu bringen .
„ Mit der Nikon Z 9 zu fotografieren ,
Wie funktioniert das ? Um Datenmengen und ist wie einen Rennwagen zu fahren .“ damit Zeit zu sparen arbeiten wir im JPEG Modus . Wir schicken die in der Regel mit einer Voice Caption versehenen Bilder via LAN-Netzwerk , WLAN oder 5G an ein Team von Leuten , die sogenannten Remote Editors , die dann die besten Bilder auswählen , ggf . beschneiden , mit den nötigen Datei-Informationen versehen und dann so schnell wie möglich an die Kunden senden .
Und was heißt schnell ? Im Schnitt brauchen wir zwei bis vier Minuten , bei Ausnahmebildern – etwa dem Sieg beim 100-Meter- Lauf – sind wir noch schneller . Unser Rekord liegt bei unter 30 Sekunden . Und noch etwas ist wichtig mit Blick auf die Kamera , und das ist bei der Z 9 gegeben : Sie muss einiges abkönnen .
Warum spielt die Robustheit so eine zentrale Rolle ? Weil man als Sportfotograf dicht gedrängt im Kollegen- Pool steht – und damit im Wettbewerb um das ultimative Bild : das , was am Ende abgedruckt wird oder online als Aufmacher genutzt wird . Da rappelt und knallt es neben dem Spielfeld , man schubst sich ganz unweigerlich . Also braucht man echte Werkzeuge , Kameras , mit denen man sprichwörtlich einen Nagel in die Wand schlagen kann .
Wie bewertest du den elektronischen Sucher der Nikon Z 9 im Vergleich zu einem optischen ? Als Sportfotograf schaut man sehr lange und intensiv durch einen Sucher , bei einem Fußballspiel beispielsweise fast die kompletten 90 Minuten . Da bedeutet ein elektronischer Sucher anfänglich schon eine Umstellung . Hinzu kommt : Die meisten Kollegen halten beim Arbeiten beide Augen geöffnet , weil sie auch das Geschehen links und rechts vom Bildausschnitt verfolgen wollen . Lange Zeit haben elektronische Sucher langsamer reagiert als das menschliche Auge , das führte zu Ermüdungsprozessen . Inzwischen haben wir aber einen Punkt erreicht , bei dem die Unterschiede marginal sind . Ehrlich gesagt erkenne ich den Unterschied bei der Z 9 im Vergleich zur D6 nur noch , wenn ich mit beiden Kameras parallel arbeite .
Das neue NIKKOR Z 400 mm 1:2,8 TC VR S , das erste lichtstarke Supertele für das spiegellose Z-System , schließt eine wichtige Lücke gerade für Sport- und Wildlife-Fotografen . Du hast es intensiv testen können . Wie lautet dein Urteil ? Das NIKKOR Z 400 mm 1:2,8 TC VR S liegt vergleichsweise leicht , aber ausbalanciert in der Hand . Es fokussiert schnell und akkurat und die optische Qualität ist hervorragend – gefühlt nochmal einen Ticken besser als beim Spiegelreflex-Pendant . Kurz : Das Arbeiten macht Spaß . Das Entscheidende ist aber : Das Ding wiegt fast ein Kilo weniger als das für DSLRs gerechnete 400 mm AF-S Objektiv . Man kann damit also noch öfter aus der Hand fotografieren .
Aber ist in der Sportfotografie ein Einbeinstativ nicht ohnehin unvermeidlich ? In der Regel schon , das geht schon körperlich nicht anders . Du hast aber Sportarten , wo es nur aus der Hand funktioniert . Skispringen etwa . Hier spielt auch der gut arbeitende optische Bildstabilisator des Z 400 mm 2,8 seine Stärken aus . Wir haben „ Mitzieher “ ausprobiert , da gehen jetzt noch längere Verschlusszeiten aus der Hand . Was speziell beim neuen Z 400 mm noch hinzukommt , ist der eingebaute Telekonverter , mit dem sich die Brennweite per Kippschalter auf 560 mm verlängern lässt . Zugegeben : Qualitativ ist das nicht dasselbe wie ein proprietäres 600-mm-Objektiv , das Nikon ja auf der aktuellen Objektiv-Roadmap bereits andeutet , aber ein gelungener Kompromiss : Es ist extrem hilfreich , wenn man nicht den ganzen Tag ein 400er plus ein 600er mit sich herumtragen muss .
Wie viele Objektive bzw . Kameras hat denn ein professioneller Sportfotograf parallel am Start ? Kommt darauf an , bei einem Fußballspiel sind es vier . Drei hat man umhängen , in der Regel ein 70-200 mm , eine lichtstarke lange Brennweite wie z . B . das Z 400 mm 1:2,8 TC VR S und ein kürzeres Zoom , beispielsweise ein 24-70 mm oder eine Festbrennweite , etwa ein 35 mm für Porträts und nahe Szenen . Die vierte Kamera wird „ remote “, also per Fernsteuerung bedient und zielt von hinten auf das Tor .
Du giltst international als einer der besten Sportfotografen und hast dreimal den Sven-Simon- Preis gewonnen – den wohl wichtigsten deutschen Award in der Sportfotografie . Deshalb die Frage : Wie schafft man ikonische Bilder ? Und : Kann das jeder lernen ? Im Kern geht es um fotografische Perfektion gepaart mit journalistischem Talent . Ich denke , man kann nicht jeden Menschen zu einem Fotografen mit einem Ausnahme-Auge machen , es braucht ein visuelles Grundgespür , das sich nur bedingt erlernen lässt . Man kann aber mit sehr viel Fleiß sehr weit kommen – ob zur Weltspitze , wage ich aber zu bezweifeln .