Interview
PHILIPP REITER 28
„Da muss jeder
Schritt sitzen!“
Philipp Reiter
Der Extrembergsportler, Fotograf und Filme-
macher Philipp Reiter über den Reiz des
Extremsports, seine spektakulärsten Touren
Alle Fotos: Philipp Reiter
und die Frage, was ihn antreibt.
Interview: Peter Schuffelen
Philipp, ganz ehrlich, uns ist
fast schlecht geworden, als
wir eins deiner neuesten Videos
gesehen haben.
Okay – weshalb?
Zur Person:
Philipp Reiter
wurde 1991 in
München geboren
und lebt in Bad
Reichenhall. Bereits
mit Anfang
20 hat er die wichtigsten
Trailevents
gewonnen und ist
bei internationalen
Skitour-Rennen
auf den vorderen
Plätzen gelandet.
Seit 2015 fotografiert
und filmt der
Spitzensportler
Sportevents.
philipp-reiter.de
Wir meinen die Watzmann-Überschreitung
von Toni Panzer in
Rekordzeit Ende Juni. Man sieht,
wie du hinter ihm her rennst über
den Grat der Mittelspitze, teilweise
ist nur Platz für einen Fuß. Wie
gefährlich war die Aktion?
Für einen ungeübten Bergsteiger
ziemlich gefährlich, wenn
man einen falschen Tritt macht,
hat man keine Chance mehr.
Mit der entsprechenden Erfahrung
und voller Konzentration ist
das Risiko aber kalkulierbar. Für
mich und den Toni war der Watzmann
früher so etwas wie unser
Trainings-Parcours. Ich habe
die Überquerung vor ein paar Jahren in dreieinhalb
Stunden geschafft, der Toni jetzt in 2 Stunden und 47
Minuten. Diese Rekordzeit ist umso beeindruckender,
wenn man bedenkt, dass normale Bergwanderer
12 bis 15 Stunden brauchen. Einfach Wahnsinn, was
der menschliche Körper schaffen kann.
� 24 mm (KB) |
f/3,2 | 1/1.000 s |
ISO 100
� GoPro
HERO5 Black
Wahnsinn auch, wie du da hinterher sprintest und
dabei noch filmst.
Das war tatsächlich eine Herausforderung. Ich habe
mit einem Handheld-Gimbal gefilmt und hatte zusätzlich
noch eine GoPro mit einem Brustgurt umgeschnallt.
Das ist meine Nische: Die Leistungen
von Extrembergsportlern mit der Kamera festhalten
– denn Mitlaufen und
„Die Leistungen
von Extremsportlern
festhalten –
das können schon
aus konditionellen
Gründen nur ganz
wenige.“
dabei Filmen oder Fotografieren,
das können
schon aus konditionellen
Gründen
nur ganz wenige.
Bis vor wenigen Jahren
warst du selbst
im internationalen
Spitzenbergsport unterwegs.
Warum bist
du in die Fotografie gewechselt?
Der Auslöser war eine hartnäckige Fersensporn-Erkrankung,
während der ich ein Aha-Erlebnis hatte.
Also habe ich mir eine kleine Kamera gekauft, bin
durch die Berge geradelt, habe fotografiert, wirklich
Gefallen daran gefunden und mich autodidaktisch
weitergebildet. Heute empfinde ich es als großes
Glück, die Emotionen und Spitzenleistungen fotografisch
festzuhalten und hautnah dabei zu sein.
Ist es das, was dich an der Fotografie fasziniert?
Ja, und der Kick, der dadurch entsteht, dass man bei
solchen Events oft nur eine Chance für den richtigen
Schuss hat. Ich glaube, es geht – wie bei sportlichen
Wettbewerben – am Ende um Adrenalin und
den Flow, in den man kommt, wenn man sich ganz
und gar auf eine bestimmte Sache konzentriert.
� 24 mm (KB) |
f/2,8 | 1/4.000 s |
ISO 100
� Apple
iPhone XS
Mit welchem Equipment arbeitest du – und wie viele
Kilo Gepäck musst du den Berg hochschleppen?
Meine Hauptkamera ist die Panasonic LUMIX S1R,
die ich meist mit einem 35 mm nutze – einfach
weil das eine schöne Perspektive hat und ich ohnehin
nah an den Menschen sein will. Alles in allem
mit Ersatzakku usw. komme ich, glaube ich, schon
auf vier bis fünf Kilo. Manchmal nehme ich deshalb
auch nur die kleine Panasonic GX8 mit, aber meistens
will ich auf die Vollformatqualität der S1R
nicht verzichten.
Kannst du von der Fotografie leben?
Hauptberuflich bin ich beim Sportartikelhersteller
Salomon angestellt, wo ich mich ums Marketing,
Events und die sozialen Medien kümmere und für
den ich auch fotografiere. Darüber hinaus bin ich
als Fotograf und Filmemacher selbstständig, hauptsächlich
in der Sportevent-Fotografie. Und ich engagiere
mich im eigenen Familienunternehmen,
das unter den Label JUAdesign handgefertigte und
fair gehandelte Patchworkhosen-Unikate vermarktet.
Gemeinsam mit einer NGO unterstützen wir damit
auch ein „Hilfe
„Meine spektakulärste
Aktion war
wohl die längste
Skitour der Welt.“
zur Selbsthilfe“-Projekt
im Senegal.
Gerade kommst du
von einer Fotoshooting-Tour
vom Großvenediger
mit Paul
Guschlbauer, mit dem du auch schon die Red Bull
X-Alps Tour absolviert hast. War das die spektakulärste
Tour, die du fotografisch begleitet hast?
X-Alps, das bedeutet mehr als 1.100 Kilometer zu
Fuß und mit dem Gleitschirm von Salzburg bis Monaco,
das war schon eine ziemlich anspruchsvolle
Tour. Dann habe ich letztes Jahr den „Wallrun“ absolviert,
1.400 km entlang der ehemaligen innerdeutschen
Mauer in nur acht Tagen. Die spektakulärste
Aktion war aber wohl „Der lange Weg“, die
längste Skitour der Welt, wo ich in 36 Tagen mehr
als 1.700 km und knapp 90.000 Höhenmeter von
Reichenau bei Wien bis Nizza zurückgelegt habe.
Auf welchen Berg geht’s morgen?
Morgen ist Bürotag, die Beine brauchen auch mal
Ruhe zwischendurch.
� Aufnahme-Details: 24 mm (KB) | f/2,8 | 1/4.000 s | ISO 400
� Aufnahme-Details: 26 mm (KB) | f/4 | 1/400 s | ISO 100
� Aufnahme-Details: 24 mm (KB) | f/2,8 | 1/80 s | ISO 200