Aktuell
EDITORIAL
02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Einfach fotografieren,
was Spaß macht
Warum fotografieren wir eigentlich? Ob
aus der Liebe zum Motiv, zur Technik
– es ist immer auch ein Stück Selbstver-
wirklichung. Viele nutzen die Fotografie als
Auszeit vom Alltag, ganz allein in der Natur
zum Beispiel. Oder gezielt als Zeit mit ein,
zwei Gleichgesinnten – mit dem gemein-
samen Ziel, mit ein paar guten Bildern
nach Hause zu kommen.
Wir verleihen mit der Fotografie unserer
Kreativität Ausdruck – oder versuchen es
zumindest. Aber was sa-
» Jedes Auslösen gen dann unsere Bilder
über uns aus? Darüber
ist ein Stück
kann man lange nachden-
Hoffnung auf
ken und trefflich streiten.
Wie „kreativ“ waren meine
ein Bild, das
letzten Bilder? Was, wenn
gefällt. «
die letzten Bilder das Mit-
tagessen und ein Selfie
mit dem Partner waren? Oder, in den Augen
einiger Fotografen noch schlimmer: ein
simples „Postkartenmotiv“? Oh je, welches
meiner Bilder, die ich dieses Jahr gemacht
habe, verdient überhaupt das Prädikat
„kreativ“? Eine Schritt-für-Schritt-Anlei-
tung zu befolgen, um die Milchstraße zu
fotografieren? Das Porträt der Freundin
im Park? Oder das coole Street-Foto, das
eigentlich nur ein Schnappschuss war?
Wir wollen wir hier niemanden in eine
Sinnkrise stürzen! Denn auf all das kommt
es erstmal nicht an. Wir sollten fotografie-
ren, was uns Spaß macht. Niemand drückt
den Auslöser in dem Wissen, dass das jetzt
eh nichts wird – jedes Auslösen ist ein
Stück Hoffnung. Hoffnung auf ein Bild,
das gefällt. Und erstmal im Zweifel nur
uns selbst. Jedes Bild, das mir gefällt, war
es wert, fotografiert zu werden. Und nicht
jeden Tag haben wir Lust darauf, uns in
einem neuen Genre zu probieren. Und es
ist auch nichts Schlechtes dran, ein paar
dokumentarische Bilder im Urlaub zu
machen, die ganz sicher keinen Wett-
bewerb gewinnen.
Apropos Wettbewerb: Wenn ich ein Bild
irgendwo einreiche, dann sollte ich viel-
leicht doch noch etwas härter über meine
Bilder nachdenken. In diesen Fällen heißt
es aussortieren und hart mit sich selbst
ins Gericht gehen. Denn es ist nicht nur
die Kreativität, die einen guten von einem
schlechten Fotografen unterscheidet –
es ist im Zweifel die Fähigkeit, ein objektiv
schlechtes von einem guten Bild zu
unterscheiden.
Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!