Interview
ULLA LOHMANN
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„Don't
dream it,
do it!“
Das ist das Motto von Dokumentar- und Vulkan-
fotografin Ulla Lohmann. Mit PhotoWeekly sprach
sie über ihre Arbeit als Fotografin, ihren Antrieb
und Kameras, die Vulkanen trotzen.
Interview: Ruben Schäfer
Zur Person:
Ulla, was beschäftigt dich im
Moment, an welchen Projek-
Ulla Lohmann ist
Dokumentarfoto-
ten arbeitest du jetzt gerade?
grafin und hat sich
Momentan läuft ein Zweiteiler
auf Vulkane spezi-
auf Arte über mich als Fotografin,
alisiert. Heute ar-
beitet sie u.a. für
der tiefere Einblicke in meine Ar-
Terra X, National
beitsweise gibt. Jeder Tag ist im
Geographic, GEO
Moment gespickt mit verschiede- und hält zahlreiche
Vorträge über ihre
nen Terminen. Nebenbei bediene
Arbeit.
ich derzeit noch den Instagram-
ullalohmann.com
Kanal von Terra X mit meinen
Aufnahmen. Allerdings geht es
schon in drei Wochen wieder weiter
zum Vanuatu-Vulkan in die Südsee.
Würdest du dich als „Vulkanjunkie“ beschreiben?
Ja, schon! Eine Weile geht’s ohne, aber alle paar
Monate brauch ich wieder aufs Neue, ein paar
Wochen lang, meinen Schwefelkick.
Canon 5D Mk IV
mit 24-70 mm f/2.8
24 mm (KB) | f/16 |
1/125 s | ISO 640
Canon 5D Mk IV
mit 24-70 mm f/2.8
27 mm (KB) | f/11 |
1/500 s | ISO 250
Du hast im Alter von 18 Jahren bei „Jugend forscht“
teilgenommen und dadurch indirekt zum Journa-
lismus gefunden. Wie ist es dazu gekommen und
wie sahen die Jahre danach bei dir aus?
Definitiv war es meine Neugierde, weil ich immer
wissen wollte, wie Dinge funktionieren. Dadurch bin
ich ans Forschen und Lesen gekommen und wollte
schließlich in Jules-Verne-Manier einmal zum Mit-
telpunkt der Erde reisen. Als es bei Jugend forscht
geklappt hat und ich mir mit dem Preisgeld eine
Weltreise finanzieren konnte, habe ich mir gleich-
zeitig auch meinen Traum erfüllt, einen Vulkan zu
sehen. Wirklich ausschlaggebend war für mich aber
das Erlebnis vor Ort, ein Team von National Geo-
graphic zu treffen. Ab diesem Zeitpunkt habe ich
gemerkt, dass es Menschen gibt, die mit ihrer Neu-
gierde und schönen Bildern ihren Lebensunterhalt
bestreiten können und gleichzeitig auch etwas
damit in anderen Menschen bewirken.
Wie ging es dann weiter?
Wirklich angefangen habe ich über eine spontane
Anfrage als Köchin beim Expeditionsteam. Das hat
dazu geführt, dass ich
Assistenz machen durf-
„Letztendlich
te und eine Menge an
habe
ich
mir
das
Hintergrundinformatio-
nen zu National Geogra- Fotografieren sel-
phic erfuhr. Bereits im
ber
beigebracht.“
Vorfeld habe ich mich
für das Erzählen von
Geschichten und für die Fotografie interessiert und
während meiner Weltreise regelmäßig für ein Lo-
kalmagazin drei bis vier Doppelseiten mit Fotos
bestückt. Letztendlich habe ich mir das Fotografie-
ren selber beigebracht.
Danach hast du dich zu einer richtigen Vulkanfoto-
grafin weiterentwickelt und dich darauf spezialisiert?
Genau! Gute Fotos können viele machen. Was den
Fotografen von anderen unterscheidet, sind Ge-
schichten. Außerdem habe ich gemerkt, dass viele
Magazine wie beispielsweise National Geographic,
GEO oder Terra Mater einen wissenschaftlichen Hin-
tergrund voraussetzen. Die Spezialisierung hat mir
im Laufe der Zeit geholfen, immer besser zu werden,
tiefer einzutauchen, um gute Geschichten an den
Mann zu bringen und immer einzigartigere Fotos
zu bekommen. Dafür habe ich mich zum Teil auch
jahrelang mit einem Thema auseinandergesetzt.
Canon 20D mit
70-200 mm f/2.8
200 mm (KB) | f/2,8 |
1/4000 s | ISO 400
Canon 5D Mk IV
mit 24-70 mm f/2.8
24 mm (KB) | f/13 |
1/160 s | ISO 200
Wie bereitest du dich denn vor und was nimmst
du mit, wenn es zum Vulkan geht?
Mittlerweile kenne ich mich mit der Thematik aus.
Ganz wichtig ist, dass man weiß, mit welcher Art
von Vulkan man es zu tun hat und wie aktiv der
Vulkan ist. Viele Vulkane haben keine Infrastruktur,
deswegen muss ich mir überlegen wie ich hinkom-
me und ich auch im Notfall schnell wieder weg. Na-
türlich muss auch das Kamera- und das Camping-
equipment dafür ausgelegt sein. Oft arbeite ich mit
einer Gasmaske. Aber auch Seiltechnik und Hitze-
schutzanzug sind wichtig. Falls es gefährliche Gase
gibt, ist ein Gasmessgerät vonnöten. Meist ist kann
ich nur wenig Kameraequipment mitnehmen.
Was für eine Kamera trotzt denn den Bedingungen
auf einem Vulkan?
Weltweit war ich die erste Fotografin, die die Canon
5D Mark IV testen durfte. Außerdem habe ich mitt-
lerweile auch eine Canon EOS R im Gepäck, die ich
auch nächstes Mal wieder dabeihaben werde. Gerade
wenn ich in extremeren Gebieten unterwegs bin, ist
es von Vorteil, etwas Kleines und Leichtes mitzu-
nehmen. Außerdem muss ich sichergehen können,
dass die Kamera auch bei Starkregen durchhält und
der Bildstabilisator auch bei hoher Windgeschwin-
digkeit gut funktioniert.
Neben Vulkanen gehören auch indigene Völker zu
deinem Themen-Schwerpunkt …
Ganz viele Völker, bei denen ich gewesen bin, haben
kaum Kontakt zur Außenwelt, weil sie so zurück-
gezogen leben. Um diese Menschen zu besuchen,
nehme ich mir ganz viel Zeit. Manchmal hat es Jah-
re gedauert, bis ich vor Ort fotografieren durfte. Ich
habe zum Beispiel zwölf Jahre gebraucht, bis ich die
Fotos bekommen habe, die sich mein Adoptiv-Vater
in Papua von mir gewünscht hat. Mir ist es ganz
wichtig, dass ich mit den Bewohnern auch in ihrer
Sprache kommunizieren kann. Aus diesem Grund
beherrsche ich mittlerweile acht Sprachen fließend.
Wichtig dabei ist auch, dass ich mich nicht für die
Menschen als Motive interessiere, sondern für die
Personen, die dahinterstehen.
Was bedeutet Fotografie denn für die Menschen dort?
Letztlich ist die Kamera für mich ein Schritt zum
Herzen der Menschen. Daher sehe ich es als Privileg
an. Sehr viele Einheimische kennen keine Kameras
und haben sich noch nie selbst auf einem Foto ge-
sehen. Mein Adoptiv-Vater in der Südsee sagte mir
zu seinen Lebzeiten, dass meine Fotos ein Ersatz für
deren Traditionen, die Toten zu mumifizieren sind
und auf diese Weise das Erbe, das Gesicht der Vor-
fahren erhalten. Da wurde mir die Bedeutung eines
Fotos erst richtig bewusst, weil es in manchen Kul-
turkreisen eben kein Massenprodukt ist, sondern
für die dortigen Bewohner die Welt bedeuten kann.
Welchen fotografischen Traum möchtest du dir
noch erfüllen?
Ich möchte unbedingt zum Mount Erebus, einem
aktiven Vulkan in der Antarktis, und dort ein wis-
senschaftliches Projekt begleiten. Leider habe ich
bislang noch nicht die richtigen Wissenschaftler
gefunden. Aktuell machen wir außerdem ein Pro-
jekt, bei dem wir Bilder auf allen höchsten Bergen
der europäischen Länder machen. Fotografie ist
nach wir vor mein absoluter Traumjob und ich hof-
fe, dass ich mit meiner Arbeit viele Menschen inspi-
rieren kann. Ich möchte mit meinen Bildern ande-
re Menschen ermutigen, rauszugehen und Projekte
umzusetzen. Don`t dream it, do it!
Canon EOS 5D Mark IV mit EF24-70mm f/2.8L II USM
Aufnahme-Details: 59 mm (KB) | f/2,8 | 1/10 s | ISO 1250
Canon EOS 5D Mark IV mit EF24-70mm f/2.8L II USM
Aufnahme-Details: 26 mm (KB) | f/5, | 1/60 s | ISO 6400
Ulla Lohmann