Frontalangriff auf die Meinungs- und Informationsfreiheit
Ab dem 25 . Mai gilt die Europäische Datenschutz-Grundverordnung . Danach wird das Fotografieren von Menschen zu einem Akt der personenbezogenen Datenerhebung .
Von Wolfgang Heinen
FREELENS e . V ., mit über 2.400 Mitgliedern der größte Berufsverband für Fotografinnen und Fotografen in Deutschland , äußert sich mit klarer Ansage in einer Presseerklärung zur Datenschutz-Grundverordnung . Das betrifft uns alle .
Ab dem 25 . Mai 2018 wird es eng . Eng für Fotografen , eng für die , die Fotos veröffentlichen . Denn ab dem 25 . Mai 2018 gilt die Europäische Datenschutz-Grundverordnung .
„ Digitale Fotos von Menschen beinhalten personenbezogene Daten wie Alter , Geschlecht und Ort .“
Danach wird das Fotografieren von Menschen zu einem Akt der personenbezogenen Datenerhebung – und fällt somit unter die DSGVO . Das Problem : Laut der neuen Verordnung muss bereits vor der Aufnahme die Einwilligung aller Abgebildeten eingeholt werden .
Doch wie soll das gehen ? Soll ein Fotograf jetzt , wenn er die Südkurve im Signal Iduna Park während eines Bundesliga-Spiels fotografiert , hunderte Personen um Erlaubnis bitten ? Ja , lautet die Antwort , er muss sogar . Bis er alle Personen gefragt hat , ist das Spiel allerdings längst vorbei .
Und bisher ? Bisher durften Personen unter bestimmten Umständen auch ohne schriftliche Einwilligung fotografiert und veröffentlicht werden . Das regelte ein altes Gesetz von 1907 , das sogenannte Kunsturhebergesetz . Darin heißt es ganz pragmatisch , dass Bilder ohne die Einwilligung der abgebildeten Personen verbreitet werden dürfen , wenn » die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen «. Damit ist gemeint und wurde durch die Rechtsprechung der letzten 111 Jahre gefestigt : Wenn die Person für die wesentliche Bildaussage unwichtig ist , darf sie auch veröffentlicht werden . Wäre dies nicht so , dürften nämlich grundsätzlich nur menschenleere Straßen fotografiert werden .
Genau dies wird jetzt geschehen . Digitale Fotos von Menschen beinhalten personenbezogene
„ Der Gesetzgeber weigert sich , ein Medienprivileg wiedereinzuführen .“
Daten wie Aussehen , Alter , Geschlecht , Ort und Datum der Aufnahme , etc . – und da greift die DSGVO voll durch . Keine Aufnahme , von wem auch immer , darf ohne Genehmigung erstellt und schon gar nicht veröffentlicht werden . Dies wird weitreichende Konsequenzen für den Bildermarkt haben – und zwar nicht nur für Fotografen und Agenturen , sondern auch für Unternehmen , Vereine , Politiker .
Wie konnte es dazu kommen ? Der Gesetzgeber hat es nicht nur versäumt , sondern er weigert sich ausdrücklich , ein sogenanntes Medienprivileg , wie es im alten Bundesdatenschutzgesetz verankert war , wiedereinzuführen . Und dies , obwohl der Europäische Gesetzgeber ihn ausdrücklich dazu aufgefordert hat – nachzulesen im Artikel 85 der DSGVO . Schweden und andere Länder haben ihre Grundrechte geschützt – mit dem guten Argument der
Meinungs- ,
„ FREELENS e . V . fordert die Abgeordneten auf , die Grundrechte zu verteidigen und das Feld nicht den Abmahnanwälten zu überlassen .“
Presse- , und Kunstfreiheit .
Die deutsche Regierung dagegen beharrt auf dem Standpunkt , dass die Gerichte in den nächsten Jahren den Rechtsfrieden , welchen auch immer , schon herstellen werden . Das ist natürlich billig und die Betroffenen fragen sich , welche Existenzberechtigung Entscheider in den Bundesministerien und letztlich die verantwortlichen Politiker haben , die die Rechtsfindung Gerichten überlassen und deren eigener Gestaltungswille dagegen gen Null tendiert . Noch bevor das Gesetz in Kraft getreten ist , geben sie bekannt : » Wir leben derzeit noch in einer Phase der Unsicherheit , des Übergangs . Sie wird so lange dauern , bis die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für mehr Klarheit sorgt .«
Kann man so eine Gesellschaft formen , Rechtsfrieden herstellen , eine Güterabwägung zwischen den Grundrechten herstellen ? Nein , kann man nicht .
Die 2.400 Mitglieder des Berufsverbandes der Fotografinnen und Fotografen , FREELENS e . V ., schreiben momentan alle Bundestagsabgeordneten an , um auf diesen Missstand hinzuweisen . Sie fordern die Abgeordneten auf , Rechtssicherheit herzustellen , die Grundrechte zu verteidigen und das Feld nicht den Abmahnanwälten zu überlassen . Denn handelt der Gesetzgeber nicht umgehend , ist der Fortbestand aller Formen von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Kunst- und Meinungsfreiheit , wie wir sie heute kennen , gefährdet .