Technik
M E TA -T E S T
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CANON RF 28-70 mm
f/2L USM
Monster
aus Glas
95 mm Filterdurchmesser und fast 1,5 Kilogramm
Gewicht – in einem Standardzoom? Die Eckdaten
von Canons RF-Kracher machen neugierig.
Überzeugt es auch in der Praxis?
Von Ruben Schäfer
Mal unter uns: Nach dem Bajo-
nett-Wechsel bei Canon Anfang
der 90er Jahre hat sich der Objek-
tiv-Markt doch schnell auf „Stan-
dard-Lösungen“ verständigt. Die
Folge: Ein 24-70 mm f/2.8 hier, ein
35er f/1.4 da – die Zeiten von Le-
genden wie dem EF 50 mm f/1.0L
mit Autofokus waren schnell
vorbei. Und auch für den RF-An-
schluss ist schon ein 24-70 mm
f/2.8 angekündigt und kommt die-
ses Jahr. Da stellt sich die Frage:
Ist das 28-70 mm f/2 eine in Seri-
enproduktion gegangene Mach-
barkeitsstudie, ein Marketinggag
für den neuen Anschluss – oder
ein neues Level an Flexibilität?
Denn Tatsache ist: Mit 28 mm,
35 mm, 50 mm und 70 mm ersetzt
Canons Schwergewicht theore-
tisch vier Festbrennweiten.
N O 079
21/2019
Canon RF 28-70 mm
f/2L USM
sehr gut
Quick Facts:
Preis:
ca. 3.250 Euro
Gewicht: 1.430 g
Ausstattung
Bevor wir zur Bildqualität kom-
men, sprechen wir zunächst über
die Eckdaten. Das RF 28-70 mm
f/2L USM, so der volle Name, ist
aus dem Canon-typischen Kunst-
stoff gefertigt und macht einen
sehr hochwertigen Eindruck. Der
Zoomring läuft gleichmäßig satt
und kann gesperrt werden, der
Fokusring ist leicht zu drehen
und der neue Funktionsring, der
ganz vorne sitzt, ist frei program-
mierbar. Sonst bietet das Objektiv
nur noch den obligatorischen AF-
MF-Schalter, keinen Bildstabili-
sator und auch keine Fokusskala
mehr. Canon betont, die Konstruk-
tion sei auf höchstem Niveau ge-
gen Staub, Dreck und Wasser ge-
schützt und verfüge über einen
stoßdämpfenden Mechanismus
für mehr Robustheit und Langle-
bigkeit. Von all dem ummantelt
verrichten 19 Linsen in 13 Grup-
pen ihren Dienst, darunter eine
UD-Linse, die durch eine 9-La-
mellen-Blende (f2.0-f/22) blicken.
Angetrieben wird das Paket, wie
bei Canons L-Klasse üblich, von
einem Ultraschallmotor.
Filterdurchmesser:
95 mm
Naheinstellgrenze:
39 cm
Blendenlamellen: 9
Mit über einem
Kilo ist das Canon
recht schwer, da-
für aber sehr gut
verarbeitet. Es ist
scharf und hat ei-
nen sehr schnellen
Autofokus verbaut.
Auch wenn sich Canon viel Mühe
gegeben hat: Perfekt ist das 28-
70er auch nicht. Ärgerlich ist vor
allem das sogenannte Fokus-
Breathing; je näher die Fokusebe-
ne liegt, desto weniger Brennwei-
te liefert das Canon. 70 mm gibt es
also nur, wenn das Motiv mehr als
20 Meter entfernt ist. Ein Problem,
das tatsächlich viele Objektive mit
ihm teilen. Aber immerhin, wo wir
schon über den Fokus sprechen:
Der macht seine Sache sehr gut,
reagiert schnell und in Verbin-
dung mit dem neuen Augen-AF-
Servo auch sehr treffsicher.
Trotz des wuchti-
gen Äußeren fühlt
sich die Kombina-
tion mit der spie-
gellosen EOS gut
in der Hand an.
Bildqualität
Die hohe Qualität zeigt sich auch
in den Fotos; schon bei Offen-
blende ist das Objektiv in der
Bildmitte bei allen Brennweiten
dermaßen scharf, dass bei den
30 Megapixeln der EOS R ein Ab-
blenden kaum mehr nötig er-
scheint. Spätestens bei Blende
vier ist das Optimum erreicht,
dann ziehen auch die Ränder
nach. „Bereits ab Offenblende
wirkt das Objektiv sehr hochauf-
lösend, auch die Verzeichnung
fällt in der Praxis nicht allzu stark
ins Gewicht“, berichtet auch
Digitalkamera.de. D-Pixx beschei-
nigte im Test zudem eine gute
Korrektur von chromatischen
Aberrationen und Flares. Alles in
allem steckt Canon so sogar eini-
ge Festbrennweiten aus eigenem
Hause in die Tasche.
Canon setzt auf
sehr viele Dichtun-
gen und sogar ei-
nen Stoßdämpfer,
um mit dem Objek-
tiv den hohen An-
sprüchen von Re-
portagefotografen
gerecht zu werden.
Das sagen die Kollegen ...
„Das Canon RF 28-70 mm F2 L USM Objektiv ist ein gro-
ßes, schweres und teures Objektiv, das aber fantastisch ist.
Dieses Objektiv, das weltweit Erste seiner Art, bringt die
f/2-Blende in das äußerst nützliche Standardzoomobjek-
tiv. Mit dem RF-28-70-mm-F2-L-Objektiv in der Hand ist es
wie mit mehreren Festbrennweiten, die alle immer an der
Kamera montiert sind. Dass dieses Objektiv alleine in der
Lage sein könnte, einen Satz Linsen zu ersetzen, macht die
Nachteile wieder wett. Die Bildqualität dieses professionel-
len, rundum leistungsstarken Objektivs ist gigantisch. Es ist
aber nichts für Hobbyfotografen.“ (Bryan Carnathan)
Hervorragend ++
„Dieses Objektiv ist es alles in allem alleine wert, ins EOS-
R-System einzusteigen – sofern das Budget bei rund 5.000
Euro für Kamera und Objektiv liegt.“ (Herbert Kaspar)
„Das Canon RF 28-70 mm 2L USM ist zwar alles ande-
re als preisgünstig, liefert dafür aber auch eine sehr gute
Bildqualität ab. Als Kompromiss muss man das hohe Ge-
wicht und den fehlenden Bildstabilisator in Kauf nehmen,
erhält aber ein einzigartig lichtstarkes Standardzoom, das
manche Festbrennweite überflüssig macht. Am meisten
kann man Canon negativ ankreiden, dass das Gehäuse zwar
spritzwassergeschützt ist, aber größtenteils aus Kunststoff
besteht, auch wenn dieser Werkstoff durchaus Vorteile bie-
tet und ebenfalls sehr robust sein kann. Bei der Bildqualität
trumpft das Canon RF 28-70 mm 2L USM mit einer hohen
Auflösung bereits ab Offenblende sowie den äußerst gerin-
gen optischen Fehlern auf.“ (Benjamin Kirchheim)
Das PhotoWeekly-Urteil
Das hat uns gefallen: Die Kombination aus
Schärfe, Fokus und f/2-Bokeh adelt das 28-70er
zum besten Alltagsobjektiv, das Canon je gebaut
hat. Es wird vermutlich in einigen Jahren einen
kleinen Legendenstatus erlangen und entspre-
chend wertstabil bleiben.
Hier besteht Nachbesserungsbedarf: Optische
Perfektion erreicht auch dieses Schwergewicht
nicht und ganz offenbar ist es sehr teuer. Die ei-
gentliche Frage ist aber: Braucht es wirklich f/2 –
oder reicht dir nicht auch das kommende 24-70
mm f/2.8 mit Bildstabilisator für EOS R?
Canon RF 28-70 mm
f/2L USM
N 079
O
21/2019
sehr gut