Aktuell
EDITORIAL
02
Wolfgang Heinen
& Florian Schuster,
Herausgeber
Ist Social Media für
Fotografen schädlich?
Social Media und die unaufhörliche
Jagd nach sofortiger Anerkennung
führt zu immer gleichen Motiven, immer
mehr Nachahmungen von Bildern, die sich
selbst reproduzieren. Das führt schnur-
stracks in die kreative Hölle, wie jetzt im-
mer mehr Fotografen feststellen – und
ihre sozialen Kanäle kurzerhand abdre-
hen. Wie beispielsweise der erfolgreiche
Fotoblogger Justin Mott: „Wenn man die-
sen kreativen Mordzyklus des Kopierens
fortsetzt und primär auf
» Die kreative
die Lobreflexe anderer
spekuliert, kann man
Seele wird irgend- als Fotograf niemals et-
wann sterben «
was Großes, Bleibendes
erreichen. Die kreative
Seele wird irgendwann sterben.“ Nachzule-
sen sind seine Gedanken zum Thema hier.
Derzeit tröten viele Fotografen in das
gleiche Horn und beenden bewusst ihre
Social-Media-Karriere. Ihre Kommentare
dazu lesen sich wie eine Befreiung aus
jahrelanger Gefangenschaft.
Haben die Verweigerer Recht? Ja und
nein. Ja: Wer auf einen bestimmten foto-
grafischen Stil oder besondere Motive po-
sitive Reaktionen aus dem Netz erhält,
wird in den meisten Fällen das Gezeigte
exakt reproduzieren, um der urteilenden
Gemeinschaft weiterhin zu gefallen. Das
ist ein ganz natürlicher Reflex nach Aner-
kennung und der Grund dafür, warum Fo-
tocommunitys überhaupt funktionieren.
Dass das kreativmäßig in die Sackgasse
führt, ist wohl jedem klar.
Auf der anderen Seite: Ohne Social
Media hätte nur ein Bruchteil der heute
aktiven Fotografinnen und Fotografen eine
Plattform, um ihre Bilder anderen Men-
schen zu zeigen. Der Königsweg liegt mög-
licherweise in der Mitte: Die besten eige-
nen Bilder (und definitiv nur diese!) auf
geeigneten Plattformen präsentieren, auf
denen es weniger um Follower-Massen als
vielmehr um das Zeigen neuer Fotografie
geht. Klasse statt Masse.
Viel Spaß beim Lesen & Fotografieren!