„ Fotografie ist Dialog . Ich muss von mir etwas geben , damit eine spürbare Verbindung entsteht .“
Judith Döker
Die Fotografin Judith Döker ist noch bis zum 19 . September 2021 mit gleich zwei Ausstellungen im LVR-LandesMuseum Bonn zu Gast . Dabei geht die Berliner Künstlerin den Fragen nach , was Glück für die Menschen bedeutet , und wie die Musik Menschen verbinden kann .
Interview : Thomas Probst , Fotos : Judith Döker
Für dein Projekt „ Drei Fragen :
Glück “ hast du viele Menschen danach gefragt , was Glück für sie bedeutet und was sie tun können , damit sie häufiger Glück erleben .
Porträt : Mirjam Knickriem
Welche Erfahrungen hast du dabei auf deinen Reisen gemacht ? In Deutschland ist es mir ein paar Mal passiert , dass mich Leute verwundert ansahen , wenn ich sie fragte : „ Entschuldigung , ich würde Ihnen gerne drei Fragen zum Glück stellen .“ Eine typische Antwort war dann : „ Glück ? Zu dem Thema fragen sie lieber jemand anderen .“ Wenn ich dann aber einfach die erste Frage „ Wann waren Sie denn das letzte Mal glücklich ?“ stellte , ließen sich die meisten gerne darauf ein und öffneten sich . Das ist jedes Mal ein wunderschöner Moment , wenn sich ein Mensch , dem es
Zur Person :
Die Schauspielerin und Buchautorin Judith Döker arbeitet seit 2016 auch als Fotografin . Ihre Reisen führten sie u . a . nach Syrien , Pakistan , Libanon , Iran und Kolumbien . Ihre Fotografien wurden international in Einzelausstellungen gezeigt und mit einer Honorable Mention der „ International Photography Awards “ in New York ausgezeichnet .
www . judith-doeker . de gerade nicht besonders gut geht , mit dem Gefühl von Glück verbindet . Das ist auch einer der Gründe , weshalb ich dieses Projekt so liebe . Denn die Auseinandersetzung mit den Fragen generiert Glück , aber auch Nähe und Verständnis . Außerdem funktionieren die drei Fragen überall auf der Welt – völlig unabhängig von Kultur , Bildung oder Weltanschauung .
Einige Menschen , mit denen du gesprochen hast , haben in ihrem Leben viel durchgemacht . Wie war das für dich als Fragenstellende und als Fotografin , wenn du jemandem gegenüberstehst , dem es vielleicht schwerfällt , glücklich zu sein ? Was ich gelernt habe : Schwierige äußere Lebensumstände haben relativ wenig damit zu tun , ob es einem Menschen gelingt , Glück zu empfinden . Ein Beispiel : Die syrische Künstlerin Kefah ( Porträtbild ganz unten ) erzählte mir , dass sie morgens aus einem Traum erwachte und einfach nur super glücklich war . Zu diesem Zeitpunkt saß sie in einer winzigen Gefängniszelle ohne Fenster . Sie begann zu singen . Der Wärter pochte an ihre Tür und schrie sie an , sie solle damit aufhören . Also hörte sie auf zu singen , aber ihr Gefühl von Glück war ungebrochen . Gerade auf meinen Reisen in Krisengebiete bin ich immer wieder Menschen begegnet , deren Liebe zum Leben einfach stärker ist als die Schwierigkeiten , denen sie ausgesetzt sind . Aber natürlich habe ich auch Menschen getroffen , denen es überhaupt nicht gut ging . Das beste ist dann , mit den Menschen zu fühlen und sie , wenn möglich , einfach in den Arm zu nehmen .
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 75mm F1.8 � 150 mm ( KB ) | f / 1,8 | 1 / 20 s | ISO 3.200
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 12‐40 mm F2.8 PRO � 80 mm ( KB ) | f / 2,8 | 1 / 160 s | ISO 64
Wie hast du es als Fotografin geschafft , Vertrauen zu den dir fremden Menschen aufzubauen ? Das Wichtigste für mich ist , dass ich mein Herz für den Menschen vor meiner Kamera öffne . Die Frage nach dem Vertrauen stellt sich dann in aller Regel gar nicht mehr . Vertrauen ist dann einfach da und beruht auf Gegenseitigkeit . Vermeiden sollte man meiner Meinung nach , sich als Fotograf : in auf eine
Beobachterrolle zu reduzieren . Fotografie ist Dialog . Ich muss selbst etwas von mir reingeben , damit eine echte Verbindung entsteht , die dann auf den Fotos auch sichtbar bzw . spürbar ist .
Lass uns einen Blick in deine Fototasche wer-
„ Das Schönste ist , wenn ich mit der Kamera den Moment erwische , in dem sich ein Mensch vollkommen öffnet .“
fen . Mit welcher Kamera und welchen Objektiven bist du unterwegs ? Ich fotografiere mit der Olympus OM-D E-M1 Mark II und habe meist ein Zoom-Objektiv ( M . Zuiko Digital ED 12‐40 mm F2.8 PRO ) und zwei Festbrennweiten ( M . Zuiko Digital ED 75mm F1.8 und M . Zuiko Digital 45mm F1.8 ) dabei . Da ich viel unterwegs bin , ist es für mich wichtig , dass mein Equipment leicht ist . Außerdem mag ich die Farben meiner Olympus- Kamera sehr .
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 12‐40 mm F2.8 PRO � 30 mm ( KB ) | f / 2,8 | 1 / 160 s | ISO 2.000
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 12‐40 mm F2.8 PRO � 80 mm ( KB ) | f / 3,5 | 1 / 1.000 s | ISO 400
Das LVR-LandesMuseum Bonn zeigt in der Parallel- Ausstellung „ Beethoven Moves !“ Bilder von dir , die du mit dem Beethoven Orchester Bonn in der Ciudad Don Bosco in Medellín , Kolumbien aufgenommen hast . Wie war diese Erfahrung für dich ? Bei „ Beethoven Moves !“ trafen Musiker : innen des Beethoven Orchesters Bonn auf ehemalige Kindersoldat : innen und Straßenkinder aus den Brennpunktvierteln Medellíns , um Beethovens 5 . Sinfonie mit Hilfe von Rap , Tanz und Graffiti neu zu interpretieren . Das war ein tolles Erlebnis , weil dieses Projekt absolut auf Augenhöhe stattfand und beide Welten unglaublich viel voneinander lernen konnten . Besonders berührt hat mich die große Freude und Neugier aller Beteiligten . Als Fotografin versuche ich , den Moment zu erwischen , in dem sich ein Mensch vollkommen öffnet , oder in dem eine große Lebendigkeit , oder auch Zartheit zu spüren ist . Von diesen Momenten gab es einige , für die ich sehr dankbar bin .
Als Fotografin hast du dich bei dem Projekt mehr im Hintergrund gehalten und die verschiedenen Situationen dokumentiert . Wie bist du an die Aufnahmen herangegangen ? Bei diesem Projekt habe ich mich auf physischer Ebene eher im Hintergrund gehalten , aber emotional war ich voll dabei . Sonst könnte ich die Lebendigkeit und Emotionalität gar nicht einfangen . Auch bei der Dokumentar- / Reportagefotografie geht es nicht nur darum , eine gute Beobachterin zu sein , sondern auch mitzufühlen . Denn dieses Gefühl überträgt sich auf die Fotos .
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 12‐40 mm F2.8 PRO � Aufnahme-Details : 24 mm ( KB ) | f / 11 | 1 / 250 s | ISO 250
Alle Fotos : Judith Döker
Olympus OM-D E-M1 Mark II mit M . Zuiko Digital ED 75 mm F1.8 � Aufnahme-Details : 150 mm ( KB ) | f / 2,5 | 1 / 200s | ISO 500
Die Ausstellung „ Beethoven Moves ! – Drei Fragen : Glück “ ist vom 24.6 . bis 19.9.2021 im LVR-LandesMuseum Bonn zu sehen . Alle Informationen unter landesmuseum-bonn . lvr . de