PhotoWeekly 38/2018 | Page 10

News

TECHNIK | TRENDS | KULTUR 10

REPORTAGE

Ingenieurskunst trifft Industrie 4.0

Die Vitec Group ist Weltmarktführer im Bereich Foto- und Videostative – und produziert viele Produkte in Europa. Wir haben uns die Fertigung von Manfrotto und Gitzo angesehen.

Text: Peter Schuffelen, Fotos: Leonardo Visentin

Detailaufnahme der Rohre für die 190-Kollektion

Aluminiumrohre warten auf ihre Verarbeitung

Feltre, knapp zwei Autostunde nordwestlich von

Venedig, ist ein beschauliches Städtchen. Wer hätte gedacht, dass im nahegelegenen Industriegebiet Stative gebaut werden? Vitec Imaging Solutions fertigt hier nahezu alle Modelle ihrer Marken Manfrotto und Gitzo. In den sieben Werkshallen zu Füßen der Belluner Dolomiten werden die verschiedenen Stativmodelle, Kugel- und Fluid-Videoköpfe und High-End-Gimbals hergestellt. Trotz der beinharten Konkurrenz aus Asien ist Vitec der mit Abstand größte Hersteller von Stativsystemen auf der Welt – viermal so groß

wie der nächstgrößte

Harte Qualitätstests für alle Prototypen

Mitbewerber. „ Unsere gute Marktperformance ist das Ergebnis einer bedingungslosen Fokussierung auf Qualität und Innovation sowie hocheffizienter Produktionsabläufe und einer hohen Reinvestitionsrate, die wir dank des finanziellen Engagements der Vitec Group realisieren können“, sagt Marco Pezzana, Geschäftsführer der Vitec Imaging Solutions.

In der großen Prototyping-Halle werden die Prototypen neu entwickelter Produkte gefertigt und anschließend härtesten Tests unterzogen. Die Stative beispielsweise werden 5.000 Mal auf- und abgebaut, um Dauerbelastungen zu simulieren. Sie werden 1.300 Qualitäts- und Haltbarkeitstests unterzogen und müssen jeweils 1.000 Stunden UV-Bestrahlung und Salzsprühtests sowie extremen Plus- und Minustemperaturen schadlos standhalten. Erst wenn diese Tests erfolgreich absolviert sind, gehen die Prototypen in Serie.

In einer der sieben Produktionshallen werden unterschiedlichste Materialien in Form gebracht – in Gießformen, die im Unternehmen selbst entwickelt und gefertigt werden: von Aluminium über Zink- und Magnesium bis hin zu besonders hochwertigen und leichten Titanlegierungen. Carbon-Stativrohre werden in einer besonders hoch-

Qualitätscheck am Ende des Nitrotech-Fließbandes

Ein Teilstück, das für die Herstellung des Befree-Advanced-Alpha-Stativs genutzt wird

wertigen Layer-Technik gefertigt. Anschließend werden die Rohre auf die erforderliche Länge geschnitten, poliert sowie funktional und optisch finalisiert. Die Stückzahlen sind beeindruckend: Allein der Output an Stativrohren beträgt rund sieben Millionen Stück pro Jahr.

„ In den letzten fünf Jahren hat sich hier sehr viel getan“, sagt Nicola dal Toso, Senior Vice President Industry and Innovation, der sich für Entwicklung und Kontrolle des hocheffizienten Workflows verantwortlich zeichnet. „ Wo Produzenten in China Minuten für einen Arbeitsschritt brauchen, schaffen wir das dank Lean Manufacturing und Industrie-4.0-Strategie binnen Sekunden. Das macht uns trotz unserer extrem hohen Qualitätsstandards und der

Handwerkskunst & Robotisierung: Hand in Hand im Workflow in Europa deutlich höheren Lohnkosten wettbewerbsfähig. Neben unserem unbedingten Willen, nie beim Erreichten stehen zu bleiben und auch konkurrenzlos gute Produkte kontinuierlich weiter zu verbessern, ist das der Schlüssel zu unserem Erfolg.“

Am Ende der hocheffizienten Produktionskette stehen Produkte wie das besonders leichte und hochstabile Manfrotto-Befree-Advanced-Reisestativ, der hochpräzise arbeitende Nitrotech-Fluid-Video- Kopf oder die mit höchster Präzision gefertigten und zugleich konkurrenzlos stabilen und leichten High-End-Stative der Premiummarke Gitzo.

Eines der Zuführbänder für Teile im robotisierten Bereich

Moderne Industrieroboter führen Teile der Fertigungsarbeiten aus

Bei Vitec ist man sichtlich stolz auf die eigenen Produkte. Thorsten Kipar, Marketing Director der Vitec Imaging Distribution GmbH, betont: „ Manfrotto-, Gitzo-, Lowepro- und Joby-Produkte sind im letzten wie auch im laufenden Jahr vielfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit mehreren Red-Dot-, IF- und TIPA-Awards. Das hat eine klare Signalwirkung. Wir wollen und werden die unbedingte Qualitäts- und Innovationsfokussierung von Vitec Imaging künftig aber noch stärker in den Vordergrund unserer Kommunikation stellen. Wir werden noch gezielter und breiter über Qualität sprechen, über unsere operative Exzellenz, die Art, wie wir arbeiten, über Zertifizierungen, unser Engagement im Bereich Forschung und Entwicklung und die hohen ‚ Made in Italy‘-Standards.“

Mit Blick auf die photokina kündigt Vitec zudem eine umfassende Produktoffensive an. Thorsten Kipar: „ Handel und Verbraucher können sich auf neue und innovative Produkte von allen unseren Marken freuen. Etwa auf neue Mini-Stative, Stativlösungen für Sony-Alpha-Fotografen, 2-Wege-Neiger für Wildlife-Fotografen, besonders leichte und stabile Carbon-Videostative sowie Kameragurte der High- End-Marke Gitzo. Was Manfrotto betrifft, so gehen wir mit mehreren neuen, innovativen Stativ- und Kugelkopfsystemen an den Start. Auch unser Taschensortiment erfährt eine deutliche Erweiterung – unter anderem einen signifikanten Ausbau unseres Trolleysegments.“