PhotoWeekly 47/2017 | Page 9

News T E C H N I K | T R E N D S | K U LT U R  09 Zu Besuch bei Canon Im Herzen von L-Land Von Wolfgang Heinen Canon gehört bekanntlich zu den besten und größten Objektiv­herstellern der Welt: Mehr als 130 Millionen EF-Objek­ tive haben in den vergangenen 30 Jahren den Weg auf die Kame­ ras der Fotografen gefunden. In Utsunomiya, nördlich von Tokio, produziert Canon hinter ziemlich verschlossenen Türen eines gi­ gantischen Werkes die EF,- L- und andere Highend-Objektive. Uns hat Canon die Türen ein wenig geöffnet und wir hatten die selte­ ne Gelegenheit, einen Blick in die „Mutter aller Canon-Objektivfab­ riken“ zu werfen. Aller Automati- sierung zum Trotz sind wichtige Schritte in der Objektiv­fertigung auch heute noch Handarbeit. So fängt ja in der Fotografie al­ les an: Licht fällt durch ein Ob­ jektiv auf ein lichtempfindliches Irgendwas. Aber genau das ist bekanntlich ein entscheidender Moment: Je besser das „Material“, sprich das Licht, gebündelt wird, desto besser wird das Bild. Was zunächst so einfach klingt, ist bei der EF-Produktion das hoch­ komplexe Zusammenspiel un­ terschiedlicher Glassorten und Linsenformen, Verarbeitungs­ prozesse – und der Erfahrung ei­ nes sogenannten Takumi, eine Art Großmeister in der Behand­ lung von Glas beim Schleifen und Polieren. Toshio Saito ist es, der mit seiner jahrzehntelan­ gen Erfahrung die Ideen für neue Canon-Objektive in Produktions­ prozesse übersetzt und dieses Wissen an die nächste Generati­ on weitergibt. Toshio Saito: „Ein Takumi gibt einem Objektiv einen eigenen Charakter. Natürlich flie­ ßen diese Erkenntnisse dann in die automatisierte Fertigung ein, aber die Persönlichkeit eines Ob­ jektivs festzulegen ist nur Men­ schen mit großer Sensibilität und Erfahrung möglich.“ Theorien sind ja irgendwie fas­ zinierend, doch die eigentliche Stunde des Produktes schlägt natürlich in der Praxis. Wir hatten in Tokio Gelegenheit, uns vier neue L-Objektive an die Canon EOS 5D Mark IV zu montieren und zu fotografie­ ren. Was sollen wir da lange um den heißen Brei herumreden: Die TS-E-Armada werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt noch­ mals genauer vornehmen – in­ klusive der Tilt- und Shift-Grund­ sätzlichkeiten. In Japan haben wir uns auf das lichtstarke Canon EF 85mm f/1.4L IS USM fokus­ siert. Also, nichts wie ran an die Kamera, Av eingestellt und, klar, die offene Blende fixiert. Mit wel­ cher Wonne, Schnelligkeit und Präzision dieses L-Objektiv in die Schärfe springt, ist eine Wucht. Dass die Brennweite von 85mm zu den kreativsten im Portfolio der Vollformatfotografie gehört, ist bekannt. Doch erst durch die hohe Lichtstärke und den hier­ bei einzigartigen Bildstabilisa­ tor, dem idealen Mix aus Linsen, USM-Motor, der mechanischen Genauigkeit und Materialauswahl In der lichtstarken 85er-Festbrenn- weite steckt jede Menge Technik – und natürlich ganz viel Glas. In der Fertigung gelten besonde- re Hygiene-Stan- dards, auch für Besucher – dazu gehört spezielles Schuhwerk. sowie dem Zusammenspiel aller Komponenten in der fotografi­ schen Praxis erhält ein Objektiv eine Persönlichkeit, einen eige­ nen Charakter. Das EF 85mm/1:1.4 L IS USM macht dich süchtig nach Bokeh, brilliert am Auge mit extrem hellem Sucherbild und, wie bereits erwähnt, mit traum­ wandlerischer AF-Genauigkeit, die fast wie von Zauberhand dei­ nen Blicken im Sucher zu folgen scheint und dort scharf stellt, wo du die Schärfe haben willst. Die Spreu vom Weizen trennen Objektive ja bekanntlich bei offener Blende. Nun haben wir ja noch nichts gemessen, aber allei­ ne von der sichtbaren Schärfe der Ergebnisse sind wir begeistert. Das neue 85er gehört ab sofort in die Riege meiner Allzeit-Lieb­ lingsobjektive. Weil es Charakter hat, der ihm von einem Takumi wie Toshio Saito bei der „Geburt“ mit in die Wiege gelegt wurde. Klasse Schärfe und tolles Bokeh: Mehr Infos zu den Objektiven von Canon gibt es hier.