PhotoWeekly 06.08.2025 | Page 20

SPECIAL INTERVIEW 20

Prachtstaffelschwanz( Malurus cyaneus) Verbreitung: Australien

Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Vögel und die Natur haben mich schon immer fasziniert. Vor etwa 15 Jahren fing ich an, Vögel zu fotografieren – mit einer Fujifilm-Digitalkamera, die gerade mal 5 MB Speicher hatte. Es hat mir einfach Spaß gemacht, Dinge zu fotografieren, die ich in der Natur gerne beobachtet habe. Mit der Zeit habe ich meine Ausrüstung aufgerüstet und wurde auch besser darin, Vögel zu fotografieren. Irgendwann kam dann der Punkt, an dem ich meine Fotografie mit einem künstlerischen Ansatz verbinden wollte. Ich wollte bewusst nicht mehr nur als Vogelfotograf wahrgenommen werden, sondern als Vogel-Künstler.

Ich hatte schon ein riesiges Archiv mit Vogelfotos – abertausende Bilder, die meisten in der freien Natur aufgenommen. Dafür habe ich fast immer ein Teleobjektiv genutzt, ein Nikon 300 mm f / 2,8G ED VR, oft mit Telekonverter. Dieses Objektiv liefert unglaublich scharfe und klare Bilder. In Kombination mit meiner Nikon D850 konnte ich so nah heran, dass die Details super erhalten bleiben.

Ich habe mich zudem schon immer für historische Vogelmaler begeistert. John Gould ist ein großes Vorbild für mich. Ich wollte den Stil und das Gefühl seiner Werke einfangen, aber auf eine moderne Weise. Künstler wie

„ Manchmal hast du genau eine Chance, einen Vogel für fünf Sekunden zu sehen. An anderen Tagen verpasst du ihn komplett.“

Gould oder John James Audubon haben Vögel gemalt und sie in idealisierten, fast überrealistischen Szenen dargestellt. Das wollte ich digital umsetzen. Also habe ich angefangen, Vögel im Busch zu fotografieren. Ich habe Stunden im Busch verbracht und habe Vogelrufe, Wasser oder Futter genutzt, um die Vögel darauf zu locken. Das ist extrem zeitaufwendig. Man sitzt drei Stunden im Versteck und hat vielleicht fünf Sekunden, in denen ein Vogel auftaucht – wenn überhaupt. An manchen Tagen sieht man gar nichts.

Grünrücken-Nektarvogel( Cinnyris jugularis)

Verbreitung: Australien, Südostasien

Irgendwann habe ich beschlossen, mein großes Archiv an Vogelfotos zu nutzen und die Sitzstangen separat im Studio zu fotografieren. Ich suche dann Pflanzen aus, die zu einem bestimmten Vogel passen – das ist vor allem eine ästhetische Entscheidung. Der Vogel soll gut auf der Stange wirken.

Manchmal klappt das auf Anhieb, manchmal nicht. Die Bilder sind ja wirklich gestaltet: Ich mache eine grobe Skizze davon, wie das Bild aussehen soll, und suche dann nach der passenden Pflanze. Das ist oft schwieriger, als es klingt, weil manche Pflanzen nur zu bestimmten Jahreszeiten blühen. Inzwischen habe ich mir auch eine ziemlich große Fotosammlung von blühenden Pflanzen aufgebaut. Dann gestalte ich das Bild und setze alles digital zusammen. So entstehen die Kunstwerke.

Die Vögel werden in idealisierten Posen gezeigt. Oft sieht ein Vogel in der Realität gar nicht so aus. Ich kombiniere dafür fünf bis zehn Aufnahmen in verschiedenen Posen. Manchmal fehlen noch Teile, die ich ergänzen muss. Man kann nicht fünf Bilder zusammensetzen und erwarten, dass alles passt.

Schwarzkopfnonne( Lonchura atricapilla) Verbreitung: Indischer Subkontinent, Asien, Südostasien

Aber die Vogelporträts im Buch basieren alle auf realen Fotos?

Nicht ganz. Es sind neu geschaffene Kunstwerke, die auf Fotos basieren, die ich vor Jahren gemacht habe. Ich füge den Vogel in das Bild ein, ebenso die Pflanze. Es sieht also kaum noch aus wie die ursprüngliche Aufnahme. Wenn man einen Vogel auf einem Ast sieht, saß er in Wirklichkeit nie auf genau diesem Ast – vielleicht hat er sogar in eine andere Richtung geschaut.

Ich benutze auch Blitzlicht. Für diese Bildserie wollte ich unbedingt einen flachen Look schaffen, ähnlich wie die historischen Künstler. Ihre Werke wirken hyperreal und zugleich unrealistisch, da sie ohne Schatten auskommen. Deshalb habe ich absichtlich einen Speedlight-Blitz verwendet, um die Farben des Vogels zu „ glätten“.