Technik
M E TA -T E S T
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NIKON AF-S NIKKOR
105 mm 1:1,4E ED
Porträt-
Meister
von Nikon
Hochzeits- und Porträtfotografen setzen traditio-
nell auf lichtstarke Objektive jenseits der 70 mm
– und die Klasse der f/1.4er mit 105 mm ist das
Feinste auf dem Markt. Test des Nikon-Ablegers.
Von Ruben Schäfer
Als es erschien, war es das
erste Objektiv seiner Art und
N O 089
32/2019
wurde von einigen Fotografen als
„Mutter aller Linsen“ bezeichnet.
Nikon AF-S NIKKOR
105 mm 1:1,4E ED
Der Grund: So viel Brennweite gab
sehr
gut
es zuvor noch nie in Kombination
mit der Offenblende f/1.4 – und
dementsprechend gab und gibt es
bis heute wohl kein Objektiv, das
so viel zauberhafte Unschärfe,
oder eher Freistellung genannt,
produziert. Denn das Wort Un-
schärfe tut dem Nikon 105er
völlig Unrecht, wie wir später
noch sehen werden. Es
ist auf den ersten Blick
Quick
Facts:
eines der besten Men-
Preis:
ca.
2.000
Euro
schen-Objektive.
Gewicht: 985 g
Filterdurchmesser: 82 mm
Ausstattung
Das AF-S Nikkor 105 mm Naheinstellgrenze: 100 cm
Erhältlich
für:
Nikon
F
1:1,4E ED (so der volle
Name) ermöglicht eine
außergewöhnliche Kontrolle der
Bildästhetik. Dabei helfen neun
abgerundete Lamellen der Blende
ebenso wie die Nanokristallver-
gütung, welche Geisterbilder und
Streulicht eliminieren soll. Nikons
Silent-Wave-Motor sorgt für einen
leisen und gleichmäßigen Auto-
fokus. Drei Linsen aus ED-Glas
minimieren Farblängsfehler. Die
vordere und hintere Linse sind
mit Nikons Fluorvergütung ge-
schützt, die Staub, Schmutz, Was-
ser und Fett wirksam abweist
und so die Reinigung erleichtert.
In Sachen Verarbeitungsqualität
macht Nikon natürlich niemand
etwas vor: Das 105er besteht zwar
aus dem typischen Kunststoff,
fühlt sich aber sehr hochwertig
an und ist gegen Wettereinflüsse
und Dreck geschützt. Einen Bild-
stabilisator hat Nikon nicht ein-
gebaut, der hätte das große Kon-
strukt aber wohl endgültig adipös
wirken lassen – der Sigma-Ver-
treter braucht sogar ohne Stabi
eine Stativschelle. Hier wird deut-
lich, dass Nikon sich viel Mühe
gegeben hat, das Objektiv unter
einem Kilo zu halten. Der Auto-
fokus wurde in zahlreichen Tests
immer wieder besonders lobend
erwähnt: Er ist schnell, sehr treff-
sicher und für die Masse an Glas,
die er umherschleppen muss,
recht leise. So eignet es sich für
Studio-Fotografie wie auch on
Location gleichermaßen.
Mit fast einem
Kilogramm ist
das Nikkor bei-
leibe kein Fliegen-
gewicht; aber
gutes Glas wiegt
eben ein wenig.
Bildqualität
Die Liebeserklärungen der Tester
waren selten so eindeutig wie
beim 105er von Nikon. Benjamin
Kirchheim schreibt für Digital-
kamera.de: „Bereits bei Offenblen-
de zeichnet das AF-S Nikkor
105 mm 1:1.4E ED sehr scharf und
zeigt außerhalb des Schärfebe-
reichs ein hervorragend weiches
Bokeh.“ Auch im Randbereich
überzeuge die Schärfe sehr, selbst
bei Offenblende. Martin Vieten
von photoscala.de berichtet: „Her-
vorragend auskorrigiert hat
Nikon beim 105 mm 1:1.4 asphäri-
sche Aberrationen. Sowohl Farb-
längs- wie -querfehler konnte ich
praktisch nicht ausmachen.“
Martin Krolop hat sich in das Bo-
keh der Linse verliebt: „Dann,
wenn andere Objektive schon
wieder ihre Freistellung verlieren,
hat das 105er immer noch eine
brachiale Wirkung.“ Kurz:
ein richtiges Look-Monster!
82 mm Filterdurch-
messer bedeuten
ein großes Front-
Element. Gott sei
Dank hat Nikon hier
eine Wasserabwei-
sende Beschichtung
verwendet.
Das sagen die Kollegen ...
„Mit dem AF-S Nikkor 105 mm 1:1.4E ED hat Nikon ein kon-
kurrenzloses Porträt-Monster auf den Markt gebracht!
Es löst bei Offenblende hoch, aber nicht zu knackscharf
auf, was dem Model schmeichelt. Leicht abgeblendet wird
die Auflösung brutal und holt das Maximum aus der Nikon
D800E heraus, das Objektiv hat mit Sicherheit Potenzial
für deutlich mehr Auflösung an zukünftigen Vollformat-
DSLRs. Das piekfeine Bokeh ist einem Porträtobjektiv mehr
als würdig.“ (Benjamin Kirchheim)
„Überaus kritische Betrachter könnten vielleicht noch be-
mängeln, dass das AF-S 105 mm 1:1.4 E ED bei großen Blen-
den etwas vignettiert. Mir ist es, ehrlich gesagt, an meinen
Aufnahmen erst aufgefallen, nachdem ich die automatische
Objektivkorrektur in Lightroom aktiviert habe, die die Vig-
nette entfernt. Gut 2.400 Euro verlangt Nikon für das AF-S
105 mm 1:1.4 E ED – angesichts dessen optischer Leistung
ein fairer Preis.“ (Martin Vieten)
„Das Sigma 105 mm f/1.4 ist ein fantastisches Porträt-
objektiv, das seinem Besitzer aber im Handling einige
Beschwerlichkeiten abverlangt. Wer sich dem unterwirft,
wird mit großartigen Bildern belohnt, die ein ausgeprägtes
und dabei relativ unaufdringliches Bokeh erhalten
können.“ (Christoph Künne)
Das PhotoWeekly-Urteil
Das hat uns gefallen: Was für ein Objektiv!
Nikon eröffnet eine neue Klasse und zeigt, wie
moderne Festbrennweiten auszusehen haben:
Knackscharf bei Offenblende, solide verarbeitet,
unempfindlich gegen optische Fehler und mit
einem Bokeh, das selbst bei Liebhabern anderer
Hersteller Fremdgeh-Gedanken weckt, ...
Hier besteht Nachbesserungsbedarf: ... die
sie allerdings recht teuer bezahlen müssen.
Zudem ist das Nikon groß und schwer. Am Ende
ist es ein Objektiv für alle, die im Wettbewerb
um die besten Bilder stehen (also Profis) und
die, denen nur das Beste ausreicht. Wer dieses
Objektiv kauft, wird wissen, wofür.
Nikon AF-S NIKKOR
105 mm 1:1,4E ED
N 089
O
32/2019
sehr gut