Technik
M E TA -T E S T
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SIGMA 105 MM F1,4 DG HSM ART
Das Porträt-Monster
Wer Menschen fotografieren möchte, hegt ir-
gendwann den Wunsch nach einem Objektiv für
wunderbare Porträts. Und was eignet sich da
besser als ein 105 mm mit Blende f/1,4?
Von Ruben Schäfer
Sigmas Art-Serie ist von Beginn
an eine ganz eigene Liga, die
uns fast immer begeistert hat – in
der Regel mit der Leistung, aber oft
genug auch mit einem verhältnis-
mäßig geringen Preis. Und wenn
Sigma nun ein 105-mm-Art-Objek-
tiv auf den Markt bringt und das
Ding dann auch noch „Bokeh-
Meister“ nennt, sind natürlich alle
Ohren gespitzt. Wird das Sigma
dem Anspruch gerecht – und ist
es vielleicht sogar das ultimative
Porträt-Objektiv?
N O 069
11/2019
Sigma 105 mm
F1,4 DG HSM Art
sehr gut
Ausstattung
Einen gefühlten Rekord stellt das
Sigma schon auf den ersten Blick
auf: Es ist so groß und schwer,
dass die Japaner es direkt mit ei-
ner Stativschelle ausrüsten und
ausliefern. Der Filterdurchmes-
ser von 105 mm (!) und das Ge-
wicht von über anderthalb Kilo-
gramm sind ein Wort. Immerhin:
Ebenso wie Sigmas Objektive der
Sports-Produktlinie ist auch das
105 mm mit einem effektiven
Staub- und Spritzwasserschutz
ausgestattet. Dazu sind der Ob-
jektivanschluss, der Fokusring,
die Fronteinheit sowie andere Be-
reiche mit Dichtungen versehen.
Das Sigma besteht aus Metall, die
Gegenlichtblende sogar aus car-
bonfaserverstärktem Kunststoff.
Im Inneren setzt Sigma auf hoch-
wertiges Glas. Insgesamt verrich-
ten 17 Elemente in 12 Gruppen
ihren Dienst. Für ein besonders
weiches Bokeh hat Sigma neun
Blendenlamellen verbaut. Der
hochpräzise Autofokus lässt Fo-
tografen sofort reagieren, schnell
ist er dagegen nicht besonders,
was bei der Masse an Glas nicht
besonders verwundern sollte.
Sigma wollte auch die Vignettie-
rung reduzieren, ein Grund, war-
um der Filterdurchmesser so groß
ausfiel, wie sie betonen. Durch
den Einsatz von drei FLD-Glasele-
menten, zwei SLD-Glaselementen
und einem asphärischen Linsen-
element minimiert das optische
System Farblängsfehler und soll
eine extrem hohe Auflösung bei
gleichzeitig großem peripheren
Lichtvolumen liefern.
Quick Facts:
Preis:
ca. 1.400 Euro
Gewicht: 1.645 g
Offenblende: f/1.4
Kleinste Blende:
f/16
Bildstabilisator:
Nein
Das Sigma ist ein
Gigant, der mit über
1.500 Gramm auf
die Waage drückt.
Deswegen wird eine
Stativschelle mit-
geliefert.
Entgegen anderer
Objektive der
Art-Serie ist das
Sigma 105 mm
gegen Staub und
Spritzwasser ge-
schützt.
Bildqualität
Doch genug von sollte und könnte:
Das Sigma wurde von einigen
Testern genau unter die Lupe ge-
nommen und konnte durchaus
überzeugen. Christoph Künne
schreibt für Docma, die Vignet-
tierung sei gering, die Bildquali-
tät dafür sehr gut. Tim Herpers
schreibt für Digital Photo: „Die Auf-
lösung ist bei Offenblende f/1,4
gut und findet bei f/5,6 mit 87 von
100 Prozent ihr Maximum.“ Hier
sei der Randabfall der Auflösung
gleich null. Martin Vieten warnt
ironisch bei photoscala: „Das Sig-
ma 105 mm F1.4 DG HSM ist stets
schärfer, als es einem Model lieb
sein kann. Mit „stets“ meine ich:
beginnend ab Offenblende F/1.4.
Gnadenlos schält es feinste Haut-
unreinheiten heraus, findet noch
das dünnste Härchen, das sich ins
Gesicht verirrt hat.“ Auch die chro-
matischen Aberrationen seien
ausgezeichnet korrigiert.
Das sagen die Kollegen ...
„Das Sigma 105 mm f/1.4 ist ein fantastisches Porträt-
objektiv, das seinem Besitzer aber im Handling einige Be-
schwerlichkeiten abverlangt. Wer sich dem unterwirft, wird
mit großartigen Bildern belohnt, die ein ausgeprägtes und
dabei relativ unaufdringliches Bokeh erhalten können. In
seiner gleichsam „natürlichen“ Umgebung ist das Objektiv
überall dort, wo es Menschen zu fotografieren gibt. Leicht
abgeblendet lassen sich damit Veranstaltungen hervorra-
gend dokumentieren, ohne dass man den Teilnehmern allzu
nahekommen muss.“ (Christoph Künne)
super
„Machen wir es kurz: Sigma fährt mit dem 105 mm F1.4
DG HSM ein weiteres SUPER für ein Objektiv der Art-Serie
ein. Die Porträtoptik vereint die Ansprüche von Porträtfo-
tografen in einem sehr wertigen Gehäuse. Auch beim Blick
auf die nicht messbare Verzeichnung gibt es von uns nur
Lob.“ (Tim Herpers)
„Mir ist bislang kein Porträtobjektiv untergekommen, das
mich in der Summe der Eigenschaften derart überzeugt hat,
wie das Sigma 105 mm F1.4 DG HSM | Art. Schärfe: gnaden-
los. Bokeh: weich wie Softeis. Abbildungsfehler: Fehlanzeige.
Sicher, das Nikkor AF-S 105 mm 1:1.4 E ED ist optisch fast
ebenbürtig – aber eben nicht ganz. Und es muss trotz sei-
nes höheren Preises mit einer Kunststofffassung auskom-
men. Für mich spielt das 105er von Sigma in der Liga eines
Zeiss Otus 1,4/85 mm, hat diesem aber den Autofokus vor-
aus.“ (Martin Vieten)
Das PhotoWeekly-Urteil
Das hat uns gefallen: Das Sigma punktet in
allen Disziplinen, die sich mit der Optik beschäf-
tigen – soweit kennen wir das ja schon. Aber
diesmal werden die Erwartungen noch über-
troffen. Spritzwasserschutz und beste Verarbei-
tungsqualität runden das Paket ideal ab. Top Job!
Hier besteht Nachbesserungsbedarf: In einer
idealen Welt wäre das Sigma halb so schwer und
könnte Filter tragen, die nicht mehrere hundert
Euro kosten. Und es hätte einen Bildstabilisator.
Sigma 105 mm
F1.4 DG HSM Art
N 069
O
11/2019
sehr gut