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Praxis
PHOTO KLASSIK 23
Aktuelle Trends in der analogen Fotografie Exklusiv in PhotoWeekly : Ein Auszug aus der aktuellen PhotoKlassik , dem einzigen Print- Magazin für aktuelle analoge Fotografie .
Ab 2000 verdrängte die Digitalfotografie in nur wenigen Jahren die konventionelle Fototechnik und brachte eine gigantische Industrie für herkömmliches Foto material zum Einsturz , bis nur noch ein kümmerlicher Rest übrig blieb . Heute erweckt die analoge Fotografie den Anschein
Berliner Fotogeschäft click & surr : In den Vitrinen warten analoge Kameras auf neue Fotografen und Super-8-Filmer . In der eigenen Werkstatt wird die Aufnahmetechnik vorab generalüberholt . einer untergegangenen Zivilisation , deren Ruinen geplündert werden , um ein kleineres Abbild zu erhalten . Die Hersteller von Filmen bedienen sich eines Maschinenparks aus den Resten demontierter Filmfabriken . Vieles wurde bereits verschrottet , aber einiges auch gerettet , um den aktuelle Bedarf zu decken . Wo steht die analoge Fotografie heute , und hat sie eine Zukunft ?
Sofortbild erlebt ein starkes Comeback
Bei Fujifilm verteidigten einige Mitarbeiter in mageren Jahren die weitere Produktion des Sofortbildmaterials , nach dem kaum noch eine Nachfrage bestand . Es stand auf der Kippe ; fast wäre das Werk stillgelegt worden . Der Gegenspieler Polaroid war von der Bildfläche verschwunden , jedoch rettete
Pentax-super-A- Spiegelreflex für Kleinbildfilm neben einer Polaroid 645 CL . Während der Film nach tiefem Sinkflug auf einen neuen Durchbruch wartet , befindet sich die Sofortbildfotografie auf einem Höhenflug . das Impossible-Projekt die Produktionsanlagen und brachte sie
Bei Mey & Edlich werden neben Mode auch trendige Accessoires angeboten . Dazu gehört auch die Polaroid SX-70 . wieder in Gang . Völlig unerwartet kam es 2009 zu einem Anstieg der Nachfrage nach Sofortbildmaterial . Zunächst nur von Insidern bemerkt , hielt diese Entwicklung an und erzeugte einen anhaltenden Hype für die Sofortbildfotografie .
Die Technik spricht Jugendliche an und findet bei Familienfeiern und auf Partys einen großen Anklang . Die Produktionsanlage von Fujifilm läuft rund um die Uhr . 2017 verkaufte Fujifilm über 7 Millionen Sofortbildkameras . Mittlerweile ist sogar Leica auf den Zug aufgesprungen und auch von Lomography gibt es pfiffige Sofortbildkameras – beide setzen ebenfalls auf Material von Fujifilm Instax . Außerdem kommen alte Polaroid-Kameras erneut in den Handel : Die faltbare Polaroid SX-70 ( 1972 bis 1981 ) wird in Spezialgeschäften für die analoge Fotografie als Stilikone für rund 500 € gehandelt . Die Oldies sind generalüberholt ; zumindest behauptet man das . Der Trend zum Sofortbild ist ungebrochen , und da geht noch mehr .
Unklare Aussichten für den Film
Während die Sofortbildfotografie boomt , ergibt sich beim Film ein völlig anderes Bild . In den analogfreundlichen Social-Media-Blasen lebt der Gedanke , er habe eine Zukunft . In den Medien wird über das Comeback des Films berichtet . Stimmt das ? Wirklich belastbare Zahlen gibt es nicht . Kodak , Adox und Harman ( Ilford ) melden steigende Nachfrage . Auch Bergger , CineStill , Ferrania und Foma liefern Filme , aber zugleich verkleinert Fujifilm sein Sortiment . Analoge Fotografen betrachten dies mit Sorge , denn außer Fujifilm und Kodak produziert niemand mehr Farbfilme .
Filme kann man in Drogerien und in Fotogeschäften zum Entwickeln und auch zum Scannen abgeben . In Deutschland ist das Angebot noch sehr gut . Jedoch haben die wichtigsten Hersteller von automatischen Entwicklungsmaschinen nicht nur ihre Produktion , sondern auch den Service dafür bereits eingestellt oder planen dies für die nahe Zukunft . Dann können nur noch Labore mit guten Technikern solche Maschinen in Betrieb
» Handelt es sich um russische Filme , die fürs Militär entwickelt wurden ? « halten . In den kommenden Jahren werden immer mehr Geräte aus der Filmentwicklung ausfallen , für die es dann keinen Ersatz mehr gibt . CEWE bietet beim Entwickeln von Dia-Filmen keine Rahmung mehr an , weil Ersatzteile für die Maschinen fehlen . Zudem kann CEWE keinen Trend zum Film nachvollziehen ; dort ist er weiterhin rückläufig .
Viele ältere analoge Fotografen bleiben ihren ein bis drei Lieblingssorten treu und haben Engpässen durch Vorräte in ihren Kühlschränken vorgebeugt . Junge Fotografen ticken anders . Sie haben analoge Fotografie nicht als exklusive Methode kennengelernt . Sie ist nicht nötig , um sein Lebensalbum zu schaffen . Vielmehr ist sie eine unterhaltsame Beschäftigung und Eintrittskarte in eine coole Community . Junge Leute finden alte , abgelaufene Filme genauso interessant wie frisch produziertes Aufnahmematerial . Sie möchten möglichst viele Sorten ausprobieren . News über neue oder eingestellte Filme werden in Blogs diskutiert . Verpackungen von Filmen im Ostblockstil , wie von Zorki Photo , kommen gut an . Niemand weiß , woher die Filme stammen , wenngleich Ilford eine gute Ausgangsbasis für das muntere Raten wäre , aber die Anmutung , es könne sich hierbei um russische Filme handeln , die für das Militär entwickelt wurden , ist interessanter .
Kameras für Filme
Kameras für Filme werden bis auf wenige Ausnahmen gebraucht erworben . Die großen Traditionshersteller produzieren keine mehr . Es mangelt nicht an Versuchen , neue konventionelle Kameras und Objektive mit Kickstarter-Geld ins Leben zu rufen . Seltsamerweise sind traditionelle deutsche Marken hierbei namensgebend , wie bei der Ihagee ELBAFLEX , die von deutschen und ukrainischen Kameraspezialisten gebaut werden sollte . Das Finanzierungsziel von 50.000 $ wurde im vergangenen Jahr nicht erreicht . Erfolgreich war hingegen die Beschaffung des Geldes für die REFLEX , eine analoge Spiegelreflexkamera mit austauschbarem Anschluss für Objektive verschiedener Marken wie Canon , Nikon oder Pentax . Mal sehen , ob sie sich durchsetzen kann .
Refit analoger Kameras
Oft ist die Reparatur einer alten Kamera durch eine Fachwerkstatt zu teuer . Handwerklich geschickte Fotografen können viele Mängel auch selbst beheben .
Analoge Kameras sind mittlerweile mindestens fünfzehn Jahre alt und weisen vielfach Schäden auf , die oft gar nicht durch den früheren Gebrauch entstanden sind , sondern durch altersbedingte Materialveränderungen . Beispielsweise wurde die äußere Beschichtung klebrig . Besonders die Nikon SLRs mit Autofokus ab ca . 1985 sind davon betroffen , sogar exzellente Modelle wie die Nikon F 100 .
Lichtdichtungen und Spiegelschlagdämpfer aus Schaumgummi lösen sich auf . Verschlüsse und Blenden wurden träge , und in manchen Kameras befinden sich ausgelaufene Batterien . Viele SLRs mit integriertem Winder und Autofokus funktionieren heute nicht mehr , weil Kunststoffteile schrumpften , während ihre älteren Vorfahren mit Feinmechanik aus Metall davon nicht beeinträchtigt sind .
Problematisch ist hierbei , dass viele Verkäufer einige Mängel inzwischen gar nicht selber feststellen können , weil sie nicht wissen , wie analoge Kameras funktionieren . Zunehmend sinkt die Trefferquote beim Gebrauchtkauf über das Internet . Die geringen Preise machen das Risiko erträglich , doch ist es schon ärgerlich , wenn der Spiegel einer Spiegelreflexkamera , die man soeben für 30 € erworben hat , nicht mehr herunterklappt .
Die Reparatur vieler alter Kameras und Objektive durch eine Fachwerkstatt ist meistens teurer , als die Fototechnik gebraucht zu erwerben . Alternativ repariert man sie selbst . Wenn eine Werkstatt zu teuer ist und die Gegenstände zu schade sind zum Wegschmeißen , bleibt einem kaum etwas anderes übrig . Wir kennen das von Oldtimern der Straße oder von klassischen Sportbooten aus Holz . Um die Technik von gestern entwickelt sich eine Refit-Szene . So auch für die analoge Fototechnik . Aber nicht jeder hat dafür das handwerkliche Geschick . In dieser Lücke entstehen auch neue Angebote . Beispielsweise eröffnete Jürgen W . Lossau im Oktober 2017 in Berlin das Geschäft click & surr . Dort werden gebrauchte Kameras überholt und mit Gewährleistung verkauft .
YouTube-Filme über analoge Fotografie
Wie entwickelt man einen Film ? Wie repariert man eine Kamera oder ein Objektiv ? Dass die analogen Fotografen nicht rückwärtsgewandt sind , sieht man spätestens beim Informationstausch im Internet . Zu allen möglichen Bereichen historischer Fototechnik produzieren vor allem Hobbyfotografen zahlreiche Video-Dokumentationen , die viele Vorgänge anschaulich und klar beschreiben . Zu den Trends in der analogen Fotografie zählt , alles darüber im Internet vorzustellen . Die Bilder teilt man auf Instagram oder Facebook und das Making-of als Video auf YouTube . Das ist ein wichtiger Beitrag , um die analoge Fotografie zu erhalten .
Foto : Melanie , Dresden , 2017 . © J . Konrad Schmidt www . photoklassik . de
Das Magazin für aktuelle analoge Fotografie II . 2018
Frische Schätze : Contax , Linhof , Rolleiflex SLX , Objektiv-Klassiker Neue Ideen : Abgelaufene Filme , Infrarotfotografie , Adox Lupex Blühender Markt : Aktuelle Trends in der Analogfotografie Strahlende Pracht : » Hôtel Noir « von J . Konrad Schmidt , August Sander Bunter Frühling : Tetenal Colortec RA-4 , Gestaltung mit Licht
D 9,80 EUR A 10,90 EUR L 10,90 EUR CH 18,90 CHF
Diese und viele weitere Themen bietet die neue Ausgabe von PhotoKlassik . Das Einzelheft kostet 9,80 Euro , das Jahresabo ( 4 Ausgaben ) kostet 39,20 Euro , für Studenten 29,40 Euro . www . photoklassik . de