PhotoWeekly 14.04.2021 | Page 34

Praxis

OBJEKTIVE 34

Alte

Scherben , neuer Look Klassische Bildlooks an digitalen Kameras – diese Symbiose lässt der Kreativität viel Spielraum und schont dabei den Geldbeutel . Denn die alten Klassiker sind oftmals richtige Schnäppchen .

Text und Bilder : Markus Thoma ( photoscala . de )

Die neue und digitale Kamerawelt bietet uns in der Fotografie enormes Potenzial . Neue Kameras übertrumpfen sich mit immer höherer Auflösung , Schnelligkeit und mehr Autofokus-Möglichkeiten . Und auch die Objektive müssen hier mitziehen , um den neuen Sensoren gerecht zu werden : optimale Schärfe bis in die Ecken , kaum Vignettierung zu den Bildrändern . Das Bokeh verläuft äußerst weich und kreisrund , chromatische Aberrationen gibt es kaum noch . Flares und Ghosting-Effekte im Gegenlicht gibt es nur noch sehr kon trolliert . Die Objektive der Spitzenklasse

Zur Person

Markus Thoma ist Berufsfotograf und hat sich der kreativen Porträt- und Hochzeitsfotografie verschrieben . Seine Erfahrungen gibt er nicht nur nebenbei als Fachlehrer , sondern vor allem auf seinem Fotografie-Blog weiter .

markusthoma . com fokussieren dazu schnell und zuverlässig . Klingt im ersten Moment nach einer guten Sache . Eines könnte am Ende dennoch da runter leiden – und zwar der Bildlook und Charakter , den jedes Objektiv mitbringt .

Das Adaptieren von alten Scherben auf neuen Kameras sorgt für frischen Wind . So stehen auf der einen Seite die digitalen Vorteile von unbegrenzten Aufnahmen , direkter Bildvorschau , RAW-Material und modernen Fokushilfen . Auf der anderen Seite stehen der Charakter der Re trolinsen sowie die Entschleunigung beim manuellen Fokussieren .

Model : Carina Schätz

Model : Max Rübensal

Beginnen wir einfach mit einem Klassiker , mit dem auch die Fotos dieses Artikels aufgenommen wurden . Die Aufnahmen des in der ehemaligen Sowjetunion hergestellten Helios 44-2 58mm F2.0 Objektiv von Zenit lassen sich sofort am sogenannten Swirly Bokeh erkennen . Hier nehmen die Unschärfekreise die Form von Ellipsen an und scheinen sich dadurch um das Bildzen trum zu drehen . Ein faszinierender Effekt . Dieser

Zenit Helios-44-2 58mm 2.0

Erscheinungsjahr : ca . 1974

Anschluss : M42

6 Linsen in 4 Gruppen

Naheinstellgrenze : 50 cm

Gewicht : 216 g

Filtergewinde : 49 mm

Blendenlamellen : 8

Preis ( gebraucht ): ab ca . 30 Euro trägt vor allem bei Aufnahmen in Zentralperspektive dazu bei , den Blick gezielt auf das Hauptmotiv zu lenken .

Der Geldbeutel freut sich , wenn man sich mit solidem Altglas , statt neuem Hightech eindeckt . Das Helios 44-2 erhält man im Netz oder auf Flohmärkten bereits ab circa 30 Euro . Allerdings kommt noch ein kleiner Aufpreis dazu , denn das Objektiv muss noch per Adapter am Kameragehäuse befestigt werden . Diese sind für so gut wie jeden Anschluss von Objektivund Kamerasystem verfügbar .

Wer die analogen Objektive auf APS-C-Kameras adaptiert , kann sich auch nach einem Fokalreduktor umsehen . Dieser bündelt das Licht des Objektivs , das auf Kleinbild ausgelegt ist , auf den kleineren APS-C-Sensor . Dadurch erhält man beinahe echten Vollformat-Flair – selbst auf einer APS-C Kamera . Hier erfolgt nämlich kein Crop mehr , sondern die effektive Brennweite des Objektivs wird erhalten .

Model : Nathalie Hermann

Model : Vanessa Neumann

Es ist relativ einfach , zum Beispiel im manuellen Modus oder mit Blendenpriorität zu fotografieren : Blende manuell am Objektiv einstellen , Verschlusszeit und ISO standardmäßig an der Kamera anpassen – fertig . Hier ist nicht viel Umgewöhnung nötig . Beim Fokussieren dagegen allerdings sehr wohl . Wer bisher nur mit Autofokus-Objektiven fotografiert hat , wird erst einmal etwas Übung benötigen .

Probiere erst einmal , knapp über den Schärfepunkt hinaus zu drehen , um dann entgegengesetzt wieder etwas vor dem Schärfepunkt zu landen . Anschließend pendelt man sich immer so weiter auf den perfekten Fokuspunkt ein . Mit dem bloßen Sucher wird es allerdings so gut wie unmöglich sein , den Fokuspunkt exakt zu treffen . Stattdessen kann man sich an den neuen Hilfsmitteln für manuellen Fokus bedienen . Bei so gut wie jeder Kamera lässt sich auf 100 % ins Bild zoomen . Erst bei dieser Vergrößerung erkennt man dann , ob eine einwandfreie Schärfe vorliegt .

Damit hätten wir nun die Grundlagen geklärt . So steht nun nichts mehr im Weg , analoge Klassiker wie das Helios 44-2 in voller Pracht am digitalen Kameragehäuse zu genießen . Probieren Sie es einfach selbst mal aus .

Den ungekürzten Artikel von Markus Thoma findest du in der neuen PhotoKlassik . Außerdem wie in jeder Ausgabe : Neue und gebrauchte Kameras , Filme , Entwickler , Fotopapiere und fundiertes Dunkelkammer-Know-how .

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