G R A U V E R L A U F S F I LT E R
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KAUFBERATUNG
Landschaftsaufnahmen
mit Grauverlaufsfiltern
Für die einen sind sie unerlässlich, andere sehen
sie nur als Ballast: Grauverlaufsfilter haben Vor-
und Nachteile, die wir kurz zusammenfassen.
Text & Praxis-Fotos: Thomas Probst
In der Landschaftsfotografie dreht sich vieles
um das Thema „Licht“. Harte Kontraste und gro-
ße Helligkeitsunterschiede können vom Kamera-
sensor oft nicht optimal abgebildet werden. Das gilt
zum Beispiel bei Sonnenauf- und -untergängen, bei
denen die Sonne so tief steht, dass sie direkt in das
Objektiv strahlt. In dem Fall muss sich ein Fotograf
entscheiden: Möchte er, dass der Himmel ideal zur
Geltung kommt, wird automatisch der Vordergrund
stark unterbelichtet sein. Ein umgekehrtes Ergeb-
nis entsteht, wenn die optimale Belichtung auf dem
Vordergrund liegt. Dann überstrahlt der Himmel so
stark, dass hinterher in der Bildbearbeitung kaum
noch Details gerettet werden können. Um das zu
vermeiden, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder
nimmt man unterschiedlich belichtete Bilder auf
und setzt sie hinterher am PC zu einer ideal belich-
teten Aufnahme zusammen. Oder man nimmt ei-
nen Grauverlaufsfilter zur Hand, dunkelt damit den
Himmel ab und erreicht ein ausgeglichenes Ergeb-
nis direkt bei der Aufnahme – mit nur einem Bild.
Die optimale Wahl des Filters
Verlauf mit weicher und harter Kante
Bei den klassischen Grauverlaufsfiltern gibt es ver-
schiedene Aspekte zu beachten. Allen voran un-
terscheidet man die Art des verwendeten Verlaufs.
Es gibt harte Verläufe, die bis zur Hälfte des Filters
gleichmäßig abdunkeln und ab da an einer harten
Kante das Licht vollständig durchlassen. Und es
gibt weiche Verläufe, bei denen die Abdunklung zur
Mitte hin abnimmt und dann weich auf der anderen
Hälfte des Filters in die Transparenz übergeht. Doch
wann macht welcher Filter wirklich Sinn?
Ohne Filter wirkt
der Himmel zu hell.
Der weiche Ver-
lauf sorgt für eine
deutlich ausgewo-
genere Belichtung.
Ohne Filter
Mit hartem Verlauf
Mit weichem Verlauf
Harte Verläufe eignen sich eigentlich nur dann,
wenn auch das Motiv im Bildaufbau eine harte Un-
terteilung bietet. Bestes Beispiel ist eine Aufnahme
am Strand. Hier zieht der Horizont eine weitestge-
hend gerade Linie durchs Bild. Bei eher ungleich-
mäßigen Motiven, wie der Kapelle Maria Gern bei
Berchtesgaden mit unterschiedlich hohen Bäumen
und dem Watzmann-Gebirge im Hintergrund, zieht
der harte Verlauf eine unschöne Kante durch die
Aufnahme (mittleres Bild oben). Hier bedarf es eines
weichen Verlaufes, der den Himmel abdunkelt und
zur Bildmitte hin an Intensität verliert (unteres Bild
oben). Nur so erhält man eine ausgeglichene Belich-
tung. Ein zweiter wichtiger Faktor bei der Wahl des
optimalen Filters ist die Stärke des Grauverlaufs. Sie
sollte angemessen zur Lichtsituation gewählt wer-
den. Häufig reichen ein GND4 mit einer Abdunk-
lung um zwei Blendenstufen und ein GND8 mit drei
Blendenstufen völlig aus.
Empfehlungen:
Weiche Grauverlaufsfilter für ein 100-mm-Halte-
rungssystem mit einer Stärke GND8 (3 Stopps/0,9)
kosten bei Lee, NiSi und Rollei circa 150 Euro.
Rollei bietet mit der Rock-Solid-Serie zusätzlich
eine Version mit einer speziellen Beschichtung ge-
gen Bruchschäden für etwa 200 Euro.
Wenn die Sonne am Horizont steht
Der umgekehrte Grauverlaufsfilter
In manchen Situationen ist auch der klassische
Grauverlauf nicht mehr in der Lage, das grelle Licht
der Sonne ausreichend abzuschwächen. Nämlich
dann, wenn die Sonne bereits so weit in Richtung
des Horizontes gesunken ist, dass sie genau den
Punkt erreicht, an dem etwa ein weicher Verlauf an
Intensität verliert. Für solche Augenblicke gibt es
spezielle Graufilter mit einem umgekehrten Verlauf.
Mit umgekehrtem Grauverlauf
Anstatt dass der Verlauf oben
mit einer starken Abdunklung
beginnt und dann zur Mitte
schwächer wird, befindet sich
die größtmögliche Abdunklung
beim umgekehrten Grauverlauf
in der Bildmitte – also dort, wo
die untergehende Sonne am Ho-
rizont am stärksten leuchtet.
Der Verlauf nimmt dabei nach oben hin ab. Auch
den umgekehrten Verlauf gibt es in verschiedenen
Stärken. Welche benötigt wird, kann vom Wetter ab-
hängen. Bei einem wolkenfreien Hi