PhotoWeekly 04/2019 | Page 24

Praxis PHOTO KLASSIK 24 www.photoklassik.de Praxis-Tipps für bessere Analogaufnahmen PhotoKlassik berichtet viermal im Jahr über die Welt der analogen Fotografie. In den nächsten Ausgaben von PhotoWeekly findest du an dieser Stelle jeweils einen PhotoKlassik-Tipp. Text & Fotos: Thomas Raatz (analoge-fotografie.net) Folge 8 von 10 – Für Selbst­ent­wickler II: Korn provozieren oder vermeiden Einer der auffälligsten Unterschiede zu ei- nem simplen Digitalfoto ist bei der analogen Foto­grafie das Filmkorn – zumindest, was die Schwarzweiß-­Fotografie anbelangt: Die Bilder sind zunächst chemisch zusammengesetzt, sie sind kei- ne reinen Pixel-Arrangements und weisen daher – je nach Filmtyp und Entwicklertyp – mehr oder we- niger sichtbares Filmkorn auf. Das Maß dieser »Grobheit« kann man steuern – und zwar mit der Wahl des Filmes und mit der Wahl des Negativentwicklers beim Selbstentwickeln. Möchte man eine schroffe Abbildungsqualität ha- ben, dann wählt man einen Schwarzweiß-Film mit hoher ISO-Zahl, z. B. einen Ilford HP 5 (400 ASA). Die- sen entwickelt man dann zu Hause selbst mit einem Schwarzweiß-Entwickler, der Schärfe und Korn be- tont, wie mit dem bekannten Rodinal. Möchte man das Gegenteil, also eine hohe Auflösung und weiche Konturen bzw. »feine Grauwerte«, dann greift man zu einem hochauflösenden, jedoch weniger lichtstarken Film, wie z. B. dem Ilford Delta 100, und wählt einen Feinkornentwickler wie den Ilford Perceptol. Das Maß, wie das Filmkorn akzentuiert wird, kann auch mittels der Belichtung und der Entwicklung ge- steuert werden: Gönnt man dem Film viel Licht und entwickelt kurz, erhält man fein aufgelöste Negative. Belichtet man jedoch knapp und entwickelt lange, erhöht man die Körnigkeit des späteren Positivs. Wer möglichst viel Korn bei seinen S/W-Fotos pro- vozieren möchte, sollte diese Methoden anwenden:  Einen „klassischen“ Schwarzweiß-Film mit ho- hem ASA-Wert verwenden, z. B. einen Ilford HP5 (400 ASA)  Den Film unterbelichten und später länger entwickeln („Push“)  Ein kleines Aufnahmeformat bzw. -system wählen, also Kleinbild statt Mittelformat  Den Schwarzweiß-Film später selbst in einem Entwickler entwickeln, der das Filmkorn nicht schont, z. B. in Rodinal bzw. dessen Nachbauten  Nicht vollformatig fotografieren, sondern später lediglich einen Bildausschnitt verwenden bzw. diesen vergrößern  Beim Vergrößern im eigenen Fotolabor einen sogenannten „Lith-Entwickler“ verwenden. Die- ser Spezial-Positiventwickler zaubert sogar Korn aus per se feinkörnigen Negativen. Beherzigt man jeweils das Gegenteil, verringert man das Korn bzw. erhält fein durchgezeichnete Tonwerte und eine hohe Auflösung. Unser Autor: Thomas Raatz fotografiert seit dem Ende der 1990er-Jahre und seitdem durchgehend analog: „Ich lege keinen Wert auf Nost- algie und Dogma, sondern bin an einer gewissen mechanischen Qualität interessiert und am fotografischen Original (am phy- sischen Datenträger [dem Negativ] und am Handabzug), zudem auch am qualitativ hochwertigen Digitalisieren (Scannen) eines solchen. Ich habe in den letzten Jahren vieles ausprobiert und sogar ein Studium im Bereich Fotografie absolviert.“ www.analoge-fotografie.net