PhotoWeekly 17.09.2025 | Page 17

SPECIAL INTERVIEW 17

Seit vielen Jahren arbeiten Sie mit Polaroid-Material. Was macht für

The Muse:( 29 Palms, CA), 2009

Sie bis heute den visuellen Reiz des Polaroids aus?

Ich habe 1996 erstmals mit abgelaufenem Polaroid-Material gearbeitet. Das Material hat wunderbare Eigenschaften und fängt meine Vision vollkommen ein. Einerseits die Farben, und dann wiederum der magische Moment, in dem das Bild erscheint. Die Zeit scheint stillzustehen, und die Entwicklung des Bildes kann man mit den Menschen, die einen umgeben, teilen. Es fängt einen Moment ein, der so schnell Vergangenheit wird, dass die Vergänglichkeit der Zeit noch offenkundiger wird. Dies verleiht dem Bild eine gewisse Sentimentalität. Der Polaroid-Moment ist jedes Mal einzigartig.

Ihre Porträts und Landschaftsaufnahmen entstehen in Südkalifornien, wo Sie leben und auch eine Öko-Farm betreiben. Warum?

Südkalifornien repräsentiert einen Traum für mich. Der amerikanische Westen hat weite, offene Landschaften, die uns eine Perspektive auf den Sinn unseres Lebens geben. Er ist aufgrund seiner visuellen Eigenschaften und seiner symbolischen Bildsprache ein idealer Ort für die Fotografie. Zum Beispiel hat die High Desert von 29 Palms ein sehr

„ Ein abgelaufener Polaroid-Film erzeugt Unvollkommenheiten.“ klares und helles Licht, das für meine Aufnahmen auf Polaroid von entscheidender Bedeutung ist. Der abgelaufene Polaroid-Film produziert Unvollkommenheiten, die die Fragilität und Vergänglichkeit der Umwelt und der Individuen widerspiegeln. Diese Unvollkommenheiten veranschaulichen, dass der amerikanische Traum ein Mythos ist – einer, der irreführt und unerreichbare Ziele aufzeigt. Der Traum wird zum Albtraum. Der Zerfall der westlichen Gesellschaft. Das letzte Hurra.

The Bride’ s Kiss:( Till Death Do Us Part), 2010

Field of Dreams:( Sidewinder), 2005

Die Farbigkeit Ihrer Arbeiten diffundiert zwischen grell, surreal, suggestiv und unheimlich. In der Nicht-Eindeutigkeit liegt die Stärke. Es geht Ihnen darum, der Wirklichkeit etwas entgegenzusetzen, oder?

Die Wirklichkeit ist für jeden etwas anderes. Ich habe mich in meine eigene Wirklichkeit zurückgezogen – und damit auch von der Gesellschaft. Natürlich kann man nie völlig ohne sie existieren, aber ohne Fernsehen und Radio, umgeben von wenigen Menschen in der Wüste Kaliforniens, verliert man allmählich den Bezug. Und die Werte der Gesellschaft werden einem fremder und fremder.